21.01.2018, 15:14
Recht und Gesetz in Entenhausen – Juristische Grundsätze und Besonderheiten
1. Einleitung
Recht und Gesetz sind in den Comics rund um den Kosmos Entenhausen immer wieder von zentraler Bedeutung. Sei es, um begangene Straftaten zu ahnden, sich durch clevere Tricks und Steuerschlupflöchern sich der Zahlung eben solcher zu entgehen oder ganz banal auf der Ebene des gepflegten Nachbarschaftsstreits, der nicht selten vor Gericht endet.
Wenn man sein Sichtfeld erweitert wird es eigentlich unübersehbar, dass jede Geschichte rund um die Entenhausener nicht ohne ein Rechtssystem auskommt. Die Neffen schließen einen einfachen Kaufvertrag über drei große Portionen Eiscreme, obwohl sie noch minderjährig und damit beschränkt geschäftsfähig sind? Der Industriemagnat Dagobert Duck zahlt seinem Neffen Donald Duck lediglich 30 Kreuzer in der Stunde, wo bleiben da die Arbeitnehmerrechte aus dem Arbeitsvertrag? Detektiv Micky Maus oder Superheld Phantomias gehen auf Verbrecherjagd, aber müssen sie auch vor Gericht als Zeuge aussagen?
Es gibt viele gute Gründe, sich einmal näher mit dem Rechtssystem von und in Entenhausen zu beschäftigen. Impulse für diesen Aufsatz kamen aus dem „Entenhausener Gesetzbuch“ (ECC 2017).
Wenngleich wir als Leser ab und zu ein Gerichtsverfahren miterleben dürfen, liegen einige Grundsätze der Entenhausener Rechtsordnung (noch) im Dunklen. Daher möchte ich versuchen, nicht nur ein bisschen Ordnung, sondern vor allen Dingen Licht in die Rechtsmaterien in Entenhausen zu bringen und begebe mich auf Spurensuche durch die Entenhausener Gesetzeswerke!
Dabei kommt es mir nicht nur darauf an, ob das Entenhausener Recht mit dem Deutschen Recht im Einklang steht. Oft gibt es im Entenhausener Recht Besonderheiten, Rechtsansichten und Ausnahmeregelungen die nach unserem Verständnis von Gerechtigkeit in keinster Weise zu vertreten sind! Nein, Entenhausen ist und bleibt etwas Besonderes. Auch in Sachen Recht und Gesetz.
Zunächst möchte ich zu den Ursprüngen der Entenhausener Rechtsordnung zurückkehren und einige denkbare Entwicklungen aufzeigen. Interessant ist auch ein Blick auf das Gesetzgebungsverfahren in Entenhausen. Anschließend wenden wir uns dem Über- und Zwischenstaatlichen Recht zu, wenn davon überhaupt die Rede sein darf…
Dagegen gibt es über die Entenhausener Richter so einiges zu berichten, die über Recht und Unrecht zu entscheiden haben. In einem weiteren Gliederungspunkt möchte ich versuchen, ein paar Rechtsgrundsätze der Antike mit dem Entenhausener Gerichtsverfahren zu vergleichen und skizzieren, wie die Prozesse ablaufen. Kurz ist es zudem sinnvoll, das Verhältnis zwischen Öffentlichem Recht (d.h. dem Handeln der Träger der staatlichen Gewalt) und dem Privatrecht (bzw. Zivilrecht) zu analysieren.
Der Schwerpunkt dieses Projektes soll allerdings auf den speziellen Teildisziplinen des Entenhausener Rechts liegen, die entweder besonders oft oder besonders selten eine Rolle vor Gericht spielen. Von zentraler Bedeutung ist unzweifelhaft das Strafrecht. Im Privatrecht soll der Fokus auf dem Vertragsrecht (Rechte und Pflichten aus einem Vertragsverhältnis), dem Eigentumsrecht und dem Erbrecht liegen.
Es folgt ein Intermezzo zum Arbeitsrecht und dessen Zwitterstellung im Entenhausener Rechtssystem.
Bevor wir uns an einer Konklusion über die Gerechtigkeitsfrage in Entenhausen nähern, widmen wir uns einigen Randgebieten des Entenhausener Rechts. Zum einen bereitet es mir ein Vergnügen, mich über das Sozialrecht und die soziale Absicherung in Entenhausen auszulassen, andererseits kann in diesem Zusammenhang auch ein Blick auf das Entenhausener Steuerrecht nicht schaden. Das Nachbarschaftsrecht soll die nebensächlichen Rechtsdisziplinen abrunden.
Über weitere Rechtsgebiete und Rechtsfragen können wir uns bei Interesse auch künftig austauschen!
Viel Vergnügen beim Streiten über Sinn und Unsinn von Recht und Gesetz in Entenhausen!
P.S. Ich versuche, die Ausführungen in Tribut an Justizrat Wendig mit lateinischen Aussprüchen des Römischen Rechts anzureichern. =) Dagegen wird auf Paragraphenverweise weitestgehend verzichtet, da wir als Laien auch ohne ellenlangen Paragraphenketten auskommen.
2. Ursprünge der Entenhausener Rechtsordnung, Gesetzgebungsverfahren und Rechtsfortbildung
Beginnen wir unsere Reise in das Entenhausener Recht „ab ovo“, also vom Ei an. Das ist in Entenhausen eine wörtlich zu nehmende Redewendung, fängt die Rechtsfähigkeit der Bewohner von Entenhausen doch zumeist „vom Ei" an.
Das wenige, was es über die Urzeit des Entenhausener Rechts zu berichten gibt, ist kaum der Rede wert. Spannend wird es erst mit der Anerkennung der Juristerei als eigenständige Wissenschaft.
So definiert Kaiser Justinian bereits im 529 n. Chr. Erstellten „Corpus juris civilis“:
„Die Rechtswissenschaft ist die Kenntnis der göttlichen und menschlichen Dinge, die Wissenschaft dessen, was Recht und was Unrecht ist. Die Gebote des Rechts sind folgende: Ehrenhaft leben, den Nächsten nicht schädigen und jedem das Seine zukommen lassen.“
Das trifft es in meinen Augen schon recht gut. Die Ursprünge der Entenhausener Rechtsgrundsätze sind eng verbunden mit der geographischen Lokalisation dieser Stadt bzw. dieses Stadtstaates. Während die italienischen Autoren logischerweise vom Römischen Recht der Vorzeit und deren Entfaltungen in der Regelungswut des Europarechts geprägt sind, wird Entenhausen nicht selten auf dem amerikanischen Kontinent verortet. Dort ist aber seit der Kolonialzeit die angelsächsische Rechtstradition verortet, die sich im Laufe der Jahrhunderte zu einer eigenen amerikanischen Rechtsordnung entwickelt hat. Als Beispiele wären das Geschworenengericht oder der Case-Law-Grundsatz zu nennen.
So kommt man wohl oder übel zu dem Schluss, dass in Entenhausen ein Mix aus Römisch-Kontinentaleuropäischen Recht der Neuzeit und Angelsächsisch-Angloamerikanischem Rechts vorherrscht. Bezüge aus beiden Rechtskreisen finden sich von Zeit zu Zeit in den Comics. Die schließen sich freilich nicht immer aus, bieten den Autoren aber Gelegenheit, ihre Geschichten durch juristische Spitzfindigkeiten auflösen zu lassen, deren Lösungsansätze zumindest fragwürdig erscheinen.
Ich erwähnte bereits das amerikanische Case-Law-Recht, auch Fallrecht genannt. Dessen Überzeugungen nach kommt dem Richter auch eine rechtsetzende, rechtgebende Funktion zu. Seine Entscheidung in konkreten Einzelfällen (Kasuistik) wirkt stärker als das geschriebene Gesetz! Der Richter bedient sich der Entscheidungen oft längst vergangener Streitigkeiten (Präzedenzfälle), was den Rechtsfindungsprozess enorm erleichtern kann: Einmal so entschieden, wird auch künftig so entschieden. Das führt nicht selten zu abstrusen, kuriosen und komischen Urteilen!
Das Fallrecht kommt in Entenhausen häufig zur Anwendung. Es hat allerdings den Nachteil, dass man die alten Entscheidungen erst einmal kennen muss, ja überhaupt Kenntnis davon haben muss, dass es schon einmal ein Verfahren in gleicher Sache gegeben hat! Denn da liegt die Ente im Pfeffer: Ein nur „ähnlich“ gelagerter Fall muss nicht zwangsläufig identisch entschieden werden wie der Präzedenzfall. Es kann im Zweifelsfall auch nur „ähnlich“ geurteilt werden. Da ist es doch ein Segen, dass festgeschriebene Gesetze die Rechtslage (i.d.R.) eindeutig klären! Oder wie ein Dozent zu sagen pflegte: „Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung“.
Was aber Gesetz ist und vor allen Dingen wird, ist in Entenhausen selten auf den ersten Blick zu erkennen. Überhaupt wissen wir so gut wie nichts zum Gesetzgebungsverfahren in Entenhausen. Wer hat das Initiativrecht? Wer prüft die Gesetzesvorlagen? Wer bestimmt über formelle und materielle Rechtmäßigkeit? – Fragen über Fragen, für die es leider zu wenige Antworten gibt. Dafür wären mehr Kenntnisse über die Staatsform von Entenhausen nötig, die die Staatsorgane vorgeben und mit Rechten und Pflichten ausstatten. Im Grunde bekommen wir es nur mit dem Bürgermeister zu tun, der entweder im Alleingang entscheidet (ohne Gewaltenteilung) oder manchmal die Zustimmung des Stadtrates einholen muss. Unklarheit besteht auch darüber, ob die Entenhausener am demokratischen Gesetzgebungsprozess beteiligt werden. Gibt es Volksbegehren in Entenhausen, bei denen Bürger Gesetzesentwürfe einreichen dürfen? – Wir wissen es nicht.
Fakt ist, dass die Rechtsfortbildung in Entenhausen sich mehr oder weniger allein auf die Person des Richters stützt. Die richterlichen Entscheidungen sind verbindlich und Grundlage für künftige Streitigkeiten. Die Richter sind demzufolge dazu angehalten, einen extremen Erfahrungsschatz aufzubauen und sich immer über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Apropos: Gesetze entstehen in Entenhausen ab und an auch als Reaktion auf eben solche aktuellen Entwicklungen. Allerdings werden diese eher als Verbote anstatt als Gebote formuliert und verbieten den Bürgern bestimmte Handlungen (bzw. Unterlassungen).
Über die weiteren Rechtsquellen in Entenhausen ist ebenso wenig bekannt. Offensichtlich gibt es ein Strafgesetzbuch und ein Zivilgesetzbuch. Eine wie auch immer gelagerte Verfassung muss es wohl auch geben, wobei die staatliche Ordnung von Geschichte zu Geschichte variiert oder überhaupt keine Rolle spielt. Gewohnheitsrecht spielt eine übergeordnete Rolle: In den Fällen, wo die Entenhausener kein geschriebenes Recht besitzen, ist zu beachten, was durch Sitte und lange Gewohnheit eingeführt worden ist. Diese einzelfallartige Prüfung kommt dabei stets den Richtern zu.
3. Verfassungsrecht, Über- und Zwischenstaatliches Recht
Wie bereits geschildert gibt es in Entenhausen sehr wahrscheinlich ein Verfassungsrecht, von dem wir aber nicht genau wissen, welche Grundsätze der stattlichen Ordnung es aufstellt. Ohne Zweifel gibt es in Entenhausen eine Demokratie, welche die Herrschaft des Volkes als höchste Priorität ansieht. Genauer lässt sich die Entenhausener Staatsform nicht einordnen. Manchmal gibt es direktdemokratische Elemente wie die direkte Wahl des Bürgermeisters, der Stadtrat setzt sich allerdings aus gewählten Abgeordneten zusammen.
So kommen wir zu dem Schluss, dass die Linien zwischen Gesetzgebender und Ausführender Gewalt verwischen. Die Formen der Legislative liegen im Dunkeln, die Exekutive fällt den Entenhausener Verwaltungen (Behörden) oder Trägern des öffentlichen Rechts (Körperschaften, Anstalten, Stiftungen) zu.
Fest steht allerdings: Die Entenhausener Gerichte sind so gut wie immer absolut unabhängig und die Judikative Gewalt damit von den anderen Gewalten getrennt. Sie haben damit eine Sonderrolle im Staatsaufbau von Entenhausen und sind niemand anderem als dem Gesetz selbst unterworfen.
Die Medien als oft genannte „Vierte Gewalt“ werden an dieser Stelle vernachlässigt, allerdings kommt man nicht umhin, die vielseitige Medienlandschaft in Entenhausen in den demokratischen Entscheidungsprozess einzubeziehen.
Spannend sind die Überlegungen zu einem „überstaatlichen Recht“ in Entenhausen, quasi ein Rechtssystem, dass Vorrang vor den Entenhausener Gesetzen genießt. In Analogie zur Europäischen Union kommt hier eigentlich nur eine Art „Union von Calisota“ oder „Vereinigte Staaten von Calisota“ in Betracht. Dann müssten Entscheidungen, die in diesen höheren Gremien getroffen worden sind, auch in niedrigeres Recht umgesetzt (und ratifiziert) werden. Im Endeffekt landet man jedoch wieder bei der Frage, wo Entenhausen liegt und wie die Ordnung aufgebaut ist.
Allerdings gibt es in den Comics von Zeit zu Zeit auch andere Städte, in denen die Entenhausener unterwegs sind oder Besuch von dort empfangen. Im dazugehörigen Duckipedia-Eintrag (S. hier) findet man Nachbarorte von Entenhausen wie Erpelstadt, Gansbach oder Quackenbrück. Es stellt sich die Frage: Gilt dort auch „Entenhausener Recht“ oder „Erpelstädter Recht“? Gibt es ein überstaatliches „Recht von Calisota“?
Der Einfluss- und Machtbereich der Entenhausener Rechtsordnung scheint jedenfalls begrenzt zu sein. Wenn straffällig gewordene Personen die Flucht über die Grenze anstreben, nimmt die Entenhausener Polizei sofort die Verfolgung auf! Wer die Grenze passiert, entzieht sich folglich der Verfolgung durch Entenhausener Strafbehörden. Leider ist nichts über Auslieferungsabkommen oder einer übergeordneten Polizeiinstanz á la Interpol bekannt. Von der Strafverfolgung auf „internationalen Gewässern“ vor den Küsten Entenhausens oder in Flugzeugen mit Entenhausener Heimatflughafen will ich lieber gar nicht erst anfangen…
P.S. Wer sich schon einmal gefragt hat, wo deutsches Recht gilt, wird in einem Atlas schnell fündig. Grenzen sind dort gut zu erkennen. Aber hat sich schon einmal jemand die Frage gestellt, WIE HOCH Deutschland ist oder – anders gefragt - wie hoch man in den Weltraum düsen muss, damit deutsches Recht nicht mehr gilt? – Ja, hat. Nach herrschender Meinung gilt nationales Recht „so hoch“, wie ein normales Passagierflugzeug fliegen kann. Also irgendwo zwischen 10.000 und 15.000 Metern.
4. Der Richter als Amtsperson im staatlichen Auftrag
Als wir uns über die Rechtsfortbildung in Entenhausen unterhalten haben, habe ich bereits einige Dinge zu Richterfigur in Entenhausen gesagt. Die „Richterfigur“ ist immer groß und kräftig gebaut und wird eigentlich jederzeit von einer Eule (oder einem Uhu?) verkörpert. Die Eule ist Sinnbild für Weisheit und einen klaren Geist, damit ideal geeignet für die Besetzung des Richteramtes. Auffällig: Damit sind schon zwei Personen, die den Staat vertreten, mit einer Tiersymbolik belegt. Der Richter als Eule/Uhu/Kauz, der Bürgermeister als Schwein. Interessante Beobachtung!
Der Richter leitet das Gerichtsverfahren und fällt am Ende das Urteil. Er hört die Streitparteien an, nimmt das Beweisverfahren auf und lädt ggf. Zeugen in den Zeugenstand vor. Das sind nur einige Aufgaben, die der Richter auch in Entenhausen zu erfüllen hat. Mit seinem Holzhammer sorgt er für Ruhe im Gerichtssaal und verleiht – zum Leideswesen des angeklagten – seinen Urteilen spürbar Nachdruck. In seiner schwarzen Robe verkörpert er den Staat als solches, agiert aber in dessen Auftrag. Manchmal bereitet ein Staatsanwalt die Anklage vor. Ein Gerichtsschreiber nimmt das Protokoll auf und der Gerichtsdiener versorgt den Richter mit Akten, Beweismitteln etc.
Wie bereits gesagt hat der Richter viele Befugnisse vor Gericht, um die Wahrheit zu ergründen. Aber merke: Recht haben und Recht bekommen sind zwei verschiedene Paar Schuhe.
In diesem Zusammenhang fällt mir der römische Grundsatz ein:
„Gegen das Gesetz handelt, wer tut, was das Gesetz verbietet. Es umgeht aber das Gesetz der, der zwar genau den Wortlaut des Gesetzes beachtet, sich aber um seinen Sinn herumdrückt.“ Das bedeutet also, dass der Richter auch immer den Sinn und Zweck jeder Rechtsnorm (Ratio Legis) kennen muss, denn dieser ist von erheblicher Bedeutung für die Urteilsfindung, wenn der Wortlaut des Gesetzes nicht eindeutig ist. Ein Richter muss aber auch dann nach dem Gesetz entscheiden, wenn es seiner Rechtsauffassung widerspricht. Das bringt manchen Richter gerade bei Gerichtsverhandlungen mit Dagobert Duck, der Rechtsnormen gerne nach seinem Gutdünken dreht und wendet, zur Verzweiflung…
5. Vor Gericht: Allgemeine Rechtsgrundsätze zwischen den Parteien
„Vor dem Gericht (In foro) sind alle gleich.“ (Ius respicit aequitatem = „Das Recht achtet die Gleichheit“). Das gilt auch in Entenhausen als ultimatives Prinzip der Rechtsprechung. Es ist unerheblich, ob der insolvente Habenichts Donald Duck oder der in seiner Barschaft schwimmende Fantastilliadär Dagobert Duck vor einem Gericht sein Recht einfordert.
Dabei entscheidet der Richter stets „Ex aequo et bono“, „Nach Recht und Billigkeit“. Was er als gerecht empfindet, drückt er in diesem Urteil aus. Dieses System findet sich vor allem im common law und bei Schiedsgerichten allgemein.
Wie im heutigen angelsächsisch beeinflussten Recht fällte der Richter das Urteil oftmals nicht selbst, sondern setzte lediglich das von den Geschworenen beschlossene Votum um.
Das eigentliche Verfahren beginnt meistens mit dem Verhör des Beklagten. Falls sich kein Unschuldsbeweis und keine Rechtfertigung erkennen lässt, wird ein Gerichtstermin festgesetzt. In Entenhausen fällt beides i.d.R. zusammen bei der ersten Verhandlung.
Der Beklagte hat vor Gericht zu erscheinen, unentschuldigtes Fernbleiben wird als Schuldeingeständnis gewertet. In Entenhausen kann der Richter den Beklagten auch in Abwesenheit verurteilen.
Beim Gerichtstermin eröffnet der Kläger bzw. sein Vertreter (advocatus) das Verfahren. Der Beklagte antwortet darauf. Anschließend haben beide Parteien die Möglichkeit, sich gegenseitig zu befragen. Der Richter achtet darauf, dass auch die andere Seite angehört werden soll (Audiatur et altera pars)
In Entenhausen ist es ein normaler Grundsatz, dass in einem Gerichtsverfahren immer beiden Seiten das Recht zugesprochen wird, sich zu äußern.
Es folgt ein Beweisverfahren, bei dem Zeugenaussagen, Geständnisse und natürlich unzählige Beweismittel zugelassen sind. Es versteht sich von selbst, dass der Richter alle Fakten kennen muss und nach den Tatsachen (de facto) zu entscheiden hat. Allerdings kann niemand Zeuge in eigener Sache sein (Nemo testis in propria causa).
Dem Kläger obliegt die Beweislast (Actori incumbat probatio) (Ausnahmen z.B. im Verbraucherschutzrecht werden hier vernachlässigt).
Was nicht vorgetragen ist und somit nicht zu den Akten gelangt ist, wird bei der richterlichen Entscheidung nicht berücksichtigt (Quod non est in actis, non est in mundo = Was nicht in den Akten ist, ist nicht in der Welt“). Immer wieder kommt es in Entenhausen zu bewussten Falschaussagen, um sich mit Lug und Betrug ein Recht zu erschleichen. Doch der lateinkundige Richter weiß: „Fraus omnia corrumpit“ - „Betrug macht alles zunichte“. Wer vor Gericht lügt und absichtlich falsche Aussagen macht, wird vom Richter auch nicht mehr ernst genommen. Schlimmstenfalls droht eine Anzeige, denn auch in Entenhausen ist jeder verpflichtet, vor Gericht die Wahrheit zu sprechen.
Zu beachten ist weiterhin, dass jede durch Gerichtsurteil beschlossene Strafe auf einem Gesetz beruht, das diese Strafe vorsieht. Es gilt der Grundsatz „Nullum crimen, nulla poena sine lege“ - „Kein Verbrechen, keine Strafe ohne Gesetz“. Dabei ist es nicht erheblich, ob der Beklagte dieses Gesetz auch kannte, denn „Unkenntnis des Gesetzes schützt nicht vor Strafe“ (Ignorantia legis non excusat).
Das Verbot der doppelten Strafverfolgung ist in Entenhausen selten von Bedeutung. Niemand darf zweimal aufgrund der gleichen Sache verurteilt werden (Ne bis in idem).
Immer mal wieder taucht jedoch der alte Spruch „Iudex non calculat“ auf – und da kann ich aus eigener Erfahrung sprechen: „Der Jurist rechnet nicht“. Bei den hohen Geldbeträgen, die in Verfahren mit Dagobert Duck vorkommen, kann einem ja auch ganz schön schwindelig werden… Eigentlich ist aber damit gemeint, dass nicht die Anzahl der Argumente vor Gericht zählt, sondern deren Überzeugungskraft.