Hier mal kurz zusammengetragen, was ich in letzter Zeit gelesen habe.
"Das Ostland-Protokoll" von Lutz von Peter
Das Buch spielt in einem fiktionalen Großdeutschen Reich etwa 40 Jahre nach dem für Nazideutschland siegreichen Zweiten Weltkrieg. Im Ostland, einem Teil der ehemaligen und nun zerstückelten Sowjetunion, führt Kommissar Reuter ein erträgliches Verwaltungsleben im Dienste des Reiches. Nur ungern ließ er sich von der Kriminalpolizei in die SS überführen, um als Sturmbannführer Akten zu wälzen. Eines Tages erhält er von seiner oberen Dienststelle Informationen, dass sich von Osten her eine geheimnisvolle Gestalt dem Altreich nähert, die unbedingt auszuschalten sei. Reuter versucht, mehr über den Mann herauszufinden, der - in Ungnade gefallen - einst zur Elite des Reiches gehörte und nun als Phantom um den Gobus geistert. Trotz der strikten Anweisungen seiner Vorgesetzten, den Fall ruhen zu lassen, stellt Reuter eigenmächtig Ermittlungen an und erforscht, weshalb der Unbekannte der Führung in Berlin noch heute gefährlich werden könnte.
Dieser Thriller ist lang und besteht aus mehreren Zeitebenen, hauptsächlich Rückblenden und Erzählungen verschiedenster Figuren. Schlussendlich muss sich der Leser gemeinsam mit Kommissar Reuter ein Gesamtbild aus dem komplexen Puzzle zusammensetzen, bei dem nur langsam die Karten nacheinander auf den Tisch gelegt werden. Manchmal hat man als Leser auch ein paar Informationen mehr als Reuter und kann besser nachvollziehen, aus welchen Beweggründen die Leute handeln und was sich tatsächlich hinter den Vertuschungsaktionen verbirgt. Der Protagonist ist vielschichtig angelegt, weder überzeugter Nazi noch völliges Unschuldslamm. Neben den Lebensgeschichten der auftauchenden Figuren hat mich vor allem begeistert, wie stimmig das Gesamtbild der Strukturen des Reiches dargestellt wurden sind. Vieles erfährt man "nur so nebenbei", zum Beispiel das Germania nach dem Tod Hitlers der Einfachheit wieder in Berlin umbenannt wurde, wie die Gebiete im Osten von deutschen und japanischen Handelsgesellschaften augebeutet werden und wie technokratisch die Verwaltungseinheiten, Wehrmacht und SS aufgebaut sind. Hat mich alles sehr in den Bann gezogen, faszinierend und abschreckend zugleich. Insgesamt empfehlenswert!
"Kontrolle" von Jens Bühler
Der Bruder einer Dresdner Journalistin verschwindet spurlos, während zeitgleich eine streng geheimie Aktion einer Spezialeinheit in der Nordsee scheitert. Die zu befreiende Zielperson geht mitsamt dem Schiff und der Rettungseinheit unter - nur durch Zufall gibt es einen Überlebenden. Ein BND-Agent versucht, Informationen über den Professor herauszufinden, der sich an Bord des Schiffes befunden haben soll. Bei dem Professor handelt es sich um eben jene Zielperson, die eine noch nie dagewesene Erfindung erschaffen hat. Derweil versucht auch Oberleutnant Kai Dreem, der in der Nordsee nur knapp dem Tod entgangen ist, herauszufinden, weshalb seine Mission scheiterte. Jeder der drei versucht auf eigene Faust, seine Schlüsse zu ziehen: Bis sich der Weg der Figuren irgendwann kreuzt...
Auch dieses Buch profitiert davon, Erlebnisse aus verschiedenen Perspektiven darzustellen. Als Leser muss man schon einige Male "um die Ecke denken" und Schlüsse ziehen, die die jeweilige Figur nicht ziehen kann, weil ihr entscheidene Fakten unbekannt sind. In der ersten Hälfte fragt man sich oft, weshalb man mit so vielen belanglosen Kleinigkeiten gelangweilt wird - bis man irgendwann feststellt, dass genau diese "Kleinigkeiten" später wichtige Details sind. Eigentlich habe ich den Roman als normalen Agententhriller gekauft und begonnen zu lesen, aber im Grunde ist das Buch ein...naja... dystopischer SciFi-Thriller, wenn man das so sagen will. Man bekommt richtig Angst vor der Technik, dass einem der Schweiß ausbricht. Sehr überzeugend empfand ich, wie unterschiedlich die Figuren fühlen, denken und anhand ihrer Erfahrungen handeln. Kühl und rational, emotional aufgebracht, nur seinem Befehl untergeben... da passt alles zusammen.
"Das Germania-Komplott: Wie würde eine Welt aussehen, in der das 3. Reich nicht unterging?: Ein dystopischer Krimi" von Manfred Wolf
Nach dem Endsieg und einer sich eingestellten politischen Pattsituation zwischen dem Deutschen Reich, der USA und der Sowjetunion erschüttert im Jahr 2009 eine Reihe von Anschlägen das Altreich. Obwohl sich ein ausgedienter Kriminalkommissar zur Ruhe setzen möchte, wird er von höchster Stelle nach Germania einberufen, wo ihm ein zusammengewürfeltes Team unterstellt wird. Offiziel dem Reichssportministerium zugeordnet, soll die Gruppe unter höchster Geheimhaltungsstufe herausfinden, wer hinter den Anschlägen steckt. Dabei findet diee Truppe mehr und mehr heraus, dass die Führung ihr eigenes Spiel spielt.
Ich will jetzt nicht sagen, dass das Buch todlangweilig ist, aber der Gesamtablauf ist nicht wirklich spannend. Irgendwie erscheint alles recht zusammenhangslos und die echt interessanten Szenen werden total übergangen. In ein paar Sätzen wird dann im Nachhinein berichtet, wie die Aktion verlief. Häh?? Warum darf ich als Leser nicht augenblicklich dabei sein? Warum muss ich mich durch sinnlose Besprechungen quälen, aber die Action wird übergangen? Was mir außerdem aufstößt, ist die fiktive Handlung im Dritten Reich. Das ist alles furchtbar sinn- und einfallslos. Der Hintergrund tut nichts, aber auch wirklich jar nischt, für das Buch. Das hätte genausogut in einer korrupten Demokratie oder einer anderen Diktatur spielen können... Tut alles nichts zur Sache. Die Auflösung und die Auflösung hinter der Auflösung sind mir zu banal und "zu lieb". Oben habe ich kurz geschildert, wie gut "Das Ostland-Protokoll" während der Handlung eingestreut hat, wie das NS-System der 80er funktioniert. Jetzt sind wir knapp 30 Jahre später und ich bekomme vom Autor einen einführenden Klappentext hingerotzt, wie das Reich heute aussieht. Und was soll ich bitte mit diesen unnützen Infos anfangen, die ich nur zu einem Prozent brauche, um das Buch zu verstehen? - Enttäuschend. Da wird vom Titel und derr Werbung impliziert, der Roman hätte was mit einem NS-Komplott zu tun und dann sowas. Irreführung!
Das Beste an diesem Buch war der Fakt, dass alle Deutschen strenge Vegetarier geworden sind, weil nach dem Herzinfarkt-Tod des Führers herausgekommen sein soll, dass Hitler Vegetarier war. Der Lacher war klasse. ^^
"Wächter des Kreuzes" und "Die Jesus-Verschwörung" von Matilde Asensi
Der erste Roman von 2001 erzählt vom Leben der vatikanischen Nonne Ottavia Salina, die streng gläubig ihrem Leben als Chefin der Vatikanischen Geheimarchive (oder so ähnlich) nachgeht. Eines Tages wird sie ins Innerste des Vatikans beordert, um im Auftrag eines mächtigen Kardinals die Umstände des Todes eines Mannes zu bewerten, der bei seinem Auffinden mit seltsamen Schriftzeichen und Symbolen tätowiert waren (Skarifikationen). Weitere Informationen hält man ihr vor. Zusammen mit dem wortkargen Hauptmann Kaspar Linus Glauser-Röist und später dem Archäologie-Professor Farag Boswell untersucht Ottavia den Leichnam. Nach einiger Zeit stoßen die drei auf Informationen, dass der Tote einer uralten Geheimorganisationen angehörte: Die Staurophlylaxi bewahren seit Jahrhunderten das Geheimnis des Heiligen Kreuzes auf, an welchem Jesu gekreuzigt wurde. Während die drei grundverschiedenen Experten die Spur der Bruderschaft verfolgen, verschwinden rund um die Welt Reliquien vom Heiligen Kreuz. Steckt die Bruderschaft dahinter? Um dies zu ergründen, müssen die drei Helden sieben tödliche Prüfungen in sieben verschiedenen Städten bestehen. Ohne die richtigen Informationen ist man den Fallen ausgeliefert, doch zum Glück hat ein Mann sie vor hunderten von Jahren allesamt überwunden und Hinweise in seinem Meisterwerk versteckt: Dante Allighieri und die "Divina Commedia".
Die Fortsetzung spielt 15 Jahre nach dem ersten Roman - und das merkt man als Leser auch. Die Figuren sind älter und haben sich weiterentwickelt. Was am Ende des ersten Teils angedeutet wird, ist Wirklichkeit geworden. Ottavia, Farag und Kaspar (juhu, sie duzen sich endlich!!) tragen im Auftrag einer schwerreichen und supermächtigen Familie Informationen über den Verbleib der sterblichen Überreste von Jesus Christus zusammen. Doch nein, nicht nur die des Sohn Gottes, sondern der gesamten Familie Christus! Es erübrigt sich darzulegen, dass solche Überreste im Glauben des Vatikans überhaupt nicht existieren dürften und die Entdeckung solcher Ossuarieren die Grundpfeiler des Christentums zum Einsturz bringen würden! Auch in diesem Roman stürzen sich die drei und ein paar weitere unwichtige Randfiguren (Schnarch!) in ein Abenteuer und müssen u.a. herausfinden, was die Kreuzfahrer, Dschinghis Khan und Marco Polo mit den Ossuarien zu tun hatten. Irgendwann finden sie sich eingesperrt in einem Berg wieder, wo sie tagelang Prüfungen bestehen müssen, die den Seligpreisungen nachempfunden sind (im ersten Teil waren's übrigens die sieben Todsünden).
Insgesamt hat mir das erste Buch etwas besser gefallen als die Fortsetzungen. Ich glaube, dass liegt an dem langen Zeitraum zwischen den beiden Büchern. Irgendwie ist beim Zweiten die Luft raus, mehr als einmal empfindet man dieses "Irgendwie schonmal dagewesen"-Gefühl und während im Originalroman die drei Helden übermenschlichen Schmerz erdulden müssen und zahlreiche Hindernisse in den Weg gelegt bekommen, geht in Teil 2 fast alles ZU glatt über die Bühne. Auch die Prüfungen werden größtenteils am laufenden Band abgefrühstückt und es fehlen die "WTF"-Momente des ersten Teils. Trotzdem macht es unglaublich viel Spaß, den drei Helden zu folgen. Die Spannung gerät manchmal etwas in den Hintergrund, weil man gerade in der ersten Hälfte vielen komplizierten, fachlichen Diskursen folgen muss, die den Laien (oder sagen wir mal, wie's ist: Dienjenigen Leser, die nicht gerade Geschichte, Archäologie, Religionswissenschaften, Philosopie, Alte Sprachen und Literaur zeitgleich studiert haben!) anstrengen. Leider sind diese Diskurse so unwirklich geschrieben, dass ich mich mehr als einmal gefragt habe, woher zum Geier sich die Gesprächsteilnehmer all diese Jahreszahlen, Begriffe und unaussprechlichen Namen in einem flüssigen Dialog merken können... Apropos: Beide Bücher sind einzig aus der Sicht von Ottavia geschrieben. Warum, ist unklar. Muss man sich echt drauf einlassen. Ich sag mal, stellenweise ist's echt witzig, wie sie über Kaspar (den sie nur den "Felsen") nennt, denkt oder wie sie sich gedanklich einem Rätsel nähert. Andererseits würde ich aber auch gern mal erfahren, was in den Köpfen der anderen los ist und ZUM GEIER ist diese Frau im zweiten Teil sensibel geworden!
Plötzlich hat die Gutste Angst vor Dunkelheit, Ratten, Wasser, Kloakenduft, Schimmel, Pistolen, Blut, Fledermäusen... was halt so in 'nen guten Thriller gehört. Man möchte der Diva mehrmalszurufen "Jetzt spring schon in den stinkigen Kanal oder ihr werdet alle draufgehen!!"
Positiv am zweiten Teil sind die Erläuterungen, wie nahe die Ursprünge der drei Weltreligion sich doch sind und wie viele Parallelen es gibt, die von mehreren Seiten im Laufe der Zeit ins Verborgene gezogen wurden. Das war alles sehr interessant, ja.
Hm, und wer die Auflösung von Teil 2 nicht spätestens in der Mitte des des Buches gecheckt hat, dem kann man nur zurufen, wie viele Anspielungen er noch braucht.
Hoffentlich werden die Bücher mal verfilmt.
Im Momnt lese ich "
Die letzte verlorene Stadt: Schwarze Stadt (Die Abenteuer von Ulises Vidal 2)" . Vielleicht schreibe ich dazu auch mal was, wenn's euch interessiert.