Zu meiner Überraschung habe ich festgestellt, dass es noch keinen Cimino-Thread gibt. Dieses Versäumnis sei hiermit nachgeholt. Ich erhoffe mir natürlich eine rege Diskussion. Um diese ein wenig anzukurbeln (und hoffentlich nicht im Keime zu ersticken) beginne ich mit einigen Fakten und Überlegungen meinerseits zu dem mittlerweile 82jährigen Veteranen aus Palmanova.
Seit 1959 arbeitet Rodolfo Cimino für Mondadori/Disney Italia. Zunächst als Tuscher für den damals noch am Anfang seiner Karriere stehenden gleichaltrigen Romano Scarpa tätig, schlug er in der Folgezeit einen für Inker untypischen Weg ein: Wohl aufgrund mangelnden zeichnerischen Talents versuchte er sich als Autor – und das mit durchschlagendem Erfolg. Bereits 1961 erschienen die ersten von ihm anfangs noch in Zusammenarbeit mit Elisa Penna (Erfinderin von Phantomias) verfassten Geschichten. Sein erstes Skript, „Eisberge am Äquator“ (LTB 79), wurde im übrigen interessanterweise von einem anderen ehemaligen Tuscher Scarpas zeichnerisch umgesetzt: Luciano Gatto. Innerhalb kürzester Zeit etablierte sich Cimino als einer der produktivsten und bedeutendsten Autoren von Disney Italia. Abgesehen von Bottaro haben alle wichtigen italienischen Zeichner im Laufe ihrer Karriere mit ihm zusammengearbeitet; zu nennen sind vor allem sein Mentor Scarpa und dessen Schüler Giorgio Cavazzano sowie Giorgio Bordini und Giulio Chierchini. Auch nach 50 Jahren ist der Altmeister des Schreibens noch nicht müde, seine bisher letzte Geschichte („Zio Paperone l'oro freddo e i 3 lupi siberiani“, I TL 2830-1 ) erschien Ende Februar 2010 im Topolino.
Das Werk Ciminos zeichnet sich durch eine Vielzahl von Eigenheiten aus, die dafür sorgen, dass seine Geschichten zwar unverwechselbar sind, aber leider auch häufig nach demselben Strickmuster ablaufen. Das Zentrum bildet meist entweder eine Schatzsuche der Ducks oder eine Expedition, von der Dagobert sich die Lösung eines Problems verspricht.
Was auch immer der jeweilige Anlass ist: Cimino liebt es einfach, die Ducks ins Irgendwo zu schicken. Kleine Inseln, unerforschte Landstriche, unterirdische Welten… Wenn Ciminos Enten reisen, dann an fiktive und abgelegene Orte.
Noch fiktiver und ausgefallener sind die zu diesem Zwecke ersonnenen Transportmittel – ein absolutes Markenzeichen von Cimino. Der Tierwelt nachempfundene mechanische Ungetüme ermöglichen den Ducks eine dem bereisten Gelände angemessene Fortbewegungsweise. Nicht selten haben die kuriosen Vehikel dabei optisch einen direkten Bezug zur Reise [Beispiele: a. Mechanischer Drachen, um den Zahn eines auf einer Insel hausenden Drachens zu ergattern (LTB 165; I TL 1799-A); b. Mechanische Ziege, um den Ziegen verspeisenden Riesenaffen Zing-Zong anzulocken und zu fangen (LTB 209; I TL 2012-1 )].
Bei ihren Expeditionen treffen die Ducks neben merkwürdigen Bestien zudem regelmäßig auf Eingeborenenstämme, Gurus, Schamanen und andere seltsame Gestalten. Fernab jeder Zivilisation lässt Cimino seiner eklektischen Phantasie freien Lauf. Der Einfluss von Barks ist in diesem Punkt klar erkennbar.
Um die Bandbreite seines Schaffens angemessen zu würdigen, sei erwähnt, dass er neben seinen Standardplots wie kaum ein anderer italienischer Autor das sonst eher vernachlässigte Genre der Romanze bedient hat. Hier sind vor allem seine Marbella-Geschichten (LTB 51, 134, 175 und 237) und die Lagerfeuerromanzen aus der Reihe ‚Oma Duck erzählt…’ zu nennen.
Die beiden letztgenannten Serien sind für Cimino auch insofern untypisch, als Dagobert dort nur eine Nebenrolle spielt und zudem eine erstaunliche Weichherzigkeit und Sentimentalität offenbart.
Lässt man diese ‚Anomalie’ außen vor, so ist festzustellen, dass Dagobert Ciminos Lieblingsfigur ist. Der grätige Greis ist gewissermaßen die treibende Kraft: Stets ergreift er die Initiative und setzt dadurch die Handlung in Gang. Donald kommt in diesem Zusammenhang oft die eher passive Rolle des Leidtragenden zu: Sinnbildlich hierfür fällt er nicht selten in Ohnmacht, wenn sein Onkel ihn wieder einmal dazu zwingt, ihn auf eine entbehrungsreiche und anstrengende Expedition zu begleiten. Ganz anders die Reaktion der drei Neffen: Höchst erfreut über jedes Abenteuer, auf das sie ihr Großonkel mitnimmt, stehen sie ihm mit Rat und Tat zur Seite.
In den wenigen Fällen, in denen Cimino auf Dagobert verzichtet, ändert sich das Figurenprofil von Donald jedoch radikal: In diesen Geschichten wird er als unternehmungslustig, mutig und hartnäckig charakterisiert.
Verhältnismäßig viele Cimino-Geschichten kommen ohne weitere bekannte Nebenfiguren aus. Von Dagoberts Gegenspielern bevorzugt er eindeutig die Panzerknacker und Gundel Gaukeley, ignoriert hingegen weitgehend Klaas Klever. Auch Sidekicks wie Dussel und Franz Gans spielen bei Cimino kaum eine Rolle. Daniel Düsentrieb kommt zwar häufiger zum Einsatz, seine Funktion beschränkt sich jedoch zumeist darauf, Erfindungen bereitzustellen. Angesichts der Vorliebe Ciminos für Dagobert erstaunt überdies die eher geringe Präsenz von Gitta Gans.
An das Maus-Universum hat sich Cimino im Laufe seiner Karriere nur überaus selten herangewagt. Eine Suche im inducks fördert lediglich 21 Ergebnisse zu Tage, gerade einmal zwei Geschichten davon haben es nach Deutschland geschafft („Der Urzeit-Trommler“ aus OD 14 und „Das Geheimnis der Galeone“ aus LTB 378).
Um euer Gedächtnis aufzufrischen seien abschließend noch einige seiner vielen bekannten Werke genannt. In Anbetracht seiner enormen Produktivität ist die Auswahl natürlich in gewisser Hinsicht willkürlich:
- Der Hexenblitzableiter (LTB 39+172; I TL 812-A )
- Onkel Dagobert und der Schatz des Pharao (LTB 43; I TL 798-A)
- Abenteuer unter Wasser (LTB 51, I TL 873-C )
- Das Wohnungsbeschaffungsprogramm (LTB 68; I TL 944-A )
- Wüstensand und Zauberstaub (LTB 100; I TL 784-B )
- Der Schatz der Teufelszinne (LTB 153; I TL 1731-A )
- Die Königin vom verlorenen See (LTB 154; I TL 1782-A)
- Auf König Midas’ Spuren (LTB 166; I TL 1839-A)
- Die Adelsprüfung (LTB 205; I TL 2010-1 )
- Der Irrtum des Höhlenweisen (LTB 366; I TL 997-A )
Meine eigene durchaus ambivalente Einschätzung von Cimino werde ich zu einem späteren Zeitpunkt ausformulieren. Für den Augenblick bin ich erst einmal auf eure Meinung zu diesem Urgestein gespannt. Lasst euch bitte nicht von der Länge des Textes abschrecken!
Seit 1959 arbeitet Rodolfo Cimino für Mondadori/Disney Italia. Zunächst als Tuscher für den damals noch am Anfang seiner Karriere stehenden gleichaltrigen Romano Scarpa tätig, schlug er in der Folgezeit einen für Inker untypischen Weg ein: Wohl aufgrund mangelnden zeichnerischen Talents versuchte er sich als Autor – und das mit durchschlagendem Erfolg. Bereits 1961 erschienen die ersten von ihm anfangs noch in Zusammenarbeit mit Elisa Penna (Erfinderin von Phantomias) verfassten Geschichten. Sein erstes Skript, „Eisberge am Äquator“ (LTB 79), wurde im übrigen interessanterweise von einem anderen ehemaligen Tuscher Scarpas zeichnerisch umgesetzt: Luciano Gatto. Innerhalb kürzester Zeit etablierte sich Cimino als einer der produktivsten und bedeutendsten Autoren von Disney Italia. Abgesehen von Bottaro haben alle wichtigen italienischen Zeichner im Laufe ihrer Karriere mit ihm zusammengearbeitet; zu nennen sind vor allem sein Mentor Scarpa und dessen Schüler Giorgio Cavazzano sowie Giorgio Bordini und Giulio Chierchini. Auch nach 50 Jahren ist der Altmeister des Schreibens noch nicht müde, seine bisher letzte Geschichte („Zio Paperone l'oro freddo e i 3 lupi siberiani“, I TL 2830-1 ) erschien Ende Februar 2010 im Topolino.
Das Werk Ciminos zeichnet sich durch eine Vielzahl von Eigenheiten aus, die dafür sorgen, dass seine Geschichten zwar unverwechselbar sind, aber leider auch häufig nach demselben Strickmuster ablaufen. Das Zentrum bildet meist entweder eine Schatzsuche der Ducks oder eine Expedition, von der Dagobert sich die Lösung eines Problems verspricht.
Was auch immer der jeweilige Anlass ist: Cimino liebt es einfach, die Ducks ins Irgendwo zu schicken. Kleine Inseln, unerforschte Landstriche, unterirdische Welten… Wenn Ciminos Enten reisen, dann an fiktive und abgelegene Orte.
Noch fiktiver und ausgefallener sind die zu diesem Zwecke ersonnenen Transportmittel – ein absolutes Markenzeichen von Cimino. Der Tierwelt nachempfundene mechanische Ungetüme ermöglichen den Ducks eine dem bereisten Gelände angemessene Fortbewegungsweise. Nicht selten haben die kuriosen Vehikel dabei optisch einen direkten Bezug zur Reise [Beispiele: a. Mechanischer Drachen, um den Zahn eines auf einer Insel hausenden Drachens zu ergattern (LTB 165; I TL 1799-A); b. Mechanische Ziege, um den Ziegen verspeisenden Riesenaffen Zing-Zong anzulocken und zu fangen (LTB 209; I TL 2012-1 )].
Bei ihren Expeditionen treffen die Ducks neben merkwürdigen Bestien zudem regelmäßig auf Eingeborenenstämme, Gurus, Schamanen und andere seltsame Gestalten. Fernab jeder Zivilisation lässt Cimino seiner eklektischen Phantasie freien Lauf. Der Einfluss von Barks ist in diesem Punkt klar erkennbar.
Um die Bandbreite seines Schaffens angemessen zu würdigen, sei erwähnt, dass er neben seinen Standardplots wie kaum ein anderer italienischer Autor das sonst eher vernachlässigte Genre der Romanze bedient hat. Hier sind vor allem seine Marbella-Geschichten (LTB 51, 134, 175 und 237) und die Lagerfeuerromanzen aus der Reihe ‚Oma Duck erzählt…’ zu nennen.
Die beiden letztgenannten Serien sind für Cimino auch insofern untypisch, als Dagobert dort nur eine Nebenrolle spielt und zudem eine erstaunliche Weichherzigkeit und Sentimentalität offenbart.
Lässt man diese ‚Anomalie’ außen vor, so ist festzustellen, dass Dagobert Ciminos Lieblingsfigur ist. Der grätige Greis ist gewissermaßen die treibende Kraft: Stets ergreift er die Initiative und setzt dadurch die Handlung in Gang. Donald kommt in diesem Zusammenhang oft die eher passive Rolle des Leidtragenden zu: Sinnbildlich hierfür fällt er nicht selten in Ohnmacht, wenn sein Onkel ihn wieder einmal dazu zwingt, ihn auf eine entbehrungsreiche und anstrengende Expedition zu begleiten. Ganz anders die Reaktion der drei Neffen: Höchst erfreut über jedes Abenteuer, auf das sie ihr Großonkel mitnimmt, stehen sie ihm mit Rat und Tat zur Seite.
In den wenigen Fällen, in denen Cimino auf Dagobert verzichtet, ändert sich das Figurenprofil von Donald jedoch radikal: In diesen Geschichten wird er als unternehmungslustig, mutig und hartnäckig charakterisiert.
Verhältnismäßig viele Cimino-Geschichten kommen ohne weitere bekannte Nebenfiguren aus. Von Dagoberts Gegenspielern bevorzugt er eindeutig die Panzerknacker und Gundel Gaukeley, ignoriert hingegen weitgehend Klaas Klever. Auch Sidekicks wie Dussel und Franz Gans spielen bei Cimino kaum eine Rolle. Daniel Düsentrieb kommt zwar häufiger zum Einsatz, seine Funktion beschränkt sich jedoch zumeist darauf, Erfindungen bereitzustellen. Angesichts der Vorliebe Ciminos für Dagobert erstaunt überdies die eher geringe Präsenz von Gitta Gans.
An das Maus-Universum hat sich Cimino im Laufe seiner Karriere nur überaus selten herangewagt. Eine Suche im inducks fördert lediglich 21 Ergebnisse zu Tage, gerade einmal zwei Geschichten davon haben es nach Deutschland geschafft („Der Urzeit-Trommler“ aus OD 14 und „Das Geheimnis der Galeone“ aus LTB 378).
Um euer Gedächtnis aufzufrischen seien abschließend noch einige seiner vielen bekannten Werke genannt. In Anbetracht seiner enormen Produktivität ist die Auswahl natürlich in gewisser Hinsicht willkürlich:
- Der Hexenblitzableiter (LTB 39+172; I TL 812-A )
- Onkel Dagobert und der Schatz des Pharao (LTB 43; I TL 798-A)
- Abenteuer unter Wasser (LTB 51, I TL 873-C )
- Das Wohnungsbeschaffungsprogramm (LTB 68; I TL 944-A )
- Wüstensand und Zauberstaub (LTB 100; I TL 784-B )
- Der Schatz der Teufelszinne (LTB 153; I TL 1731-A )
- Die Königin vom verlorenen See (LTB 154; I TL 1782-A)
- Auf König Midas’ Spuren (LTB 166; I TL 1839-A)
- Die Adelsprüfung (LTB 205; I TL 2010-1 )
- Der Irrtum des Höhlenweisen (LTB 366; I TL 997-A )
Meine eigene durchaus ambivalente Einschätzung von Cimino werde ich zu einem späteren Zeitpunkt ausformulieren. Für den Augenblick bin ich erst einmal auf eure Meinung zu diesem Urgestein gespannt. Lasst euch bitte nicht von der Länge des Textes abschrecken!