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Disney-Comics in den Medien
Disney (und in Deutschland Ehapa) haben die kompletten Rechte an Disney-Comics. Wenn sie entscheiden, dass sie irgendetwas nicht mehr drucken werden, gleichzeitig aber die Urheberrechte daran behalten, also das Drucken durch irgendjemand anderen verbieten, dann ist das logischerweise eine kontrollierte Unterdrückung. Was sonst?

(30.12.2021, 21:49)Ducky Tales schrieb: Erika Fuchs hat an den Barkschen Texten auch was verändert und sie nicht wie im Original übersetzt. Die Übersetzungen der ersten Asterix-Bände von Rolf Kauka werden auch nicht mehr veröffentlicht. Jano hat die Don-Rosa-Geschichten neuübersetzt, wodurch die Texte von Peter Daibenzaiher nicht mehr gedruckt werden. In allen drei Fällen würde keiner davon sprechen, dass die Veränderung der Texte eine Zensur sei, die den Lesern ihre Intelligenz abspricht und zu einem totalitären Überwachungsstaat führt.
Dementsprechend seh ich auch in den Abänderungen der fuchsschen Texte keine Zensur.
Wenn Don Rosa persönlich verfügt, dass keine schlechten Übersetzungen seiner eigenen Geschichten mehr veröffentlicht werden, oder die Asterix-Autoren persönlich darauf beharren, andere Übersetzungen ihrer Werke zu begutachten, bevor sie das OK geben, dann ist das etwas grundsätzlich anderes, als wenn ein Monsterunternehmen wie Disney oder ein schamlos geldgeiler Verlag wie Egmont Ehapa über so etwas bestimmt. Das dürfte der Grund sein, weshalb man in diesen Fällen nicht von Zensur spricht.

(30.12.2021, 21:49)Ducky Tales schrieb: Unternehmen haben weniger Macht als der Staat. Sie können nur über Texte entscheiden, die innerhalb ihrer Lizenzen liegen. Zudem verlieren sie (bislang) 70 Jahre nach dem Tod des Autors das Urheberrecht an den Inhalten. Somit könnten irgendwann andere Unternehmen diese veröffentlichen. Zudem verfügen sie über keine Exekutive, sodass ein polizeiähnlicher Trupp bei den Menschen eingreifen und bereits gekaufte Medien aus den Häusern entwenden könnte. Unternehmen haben auch nicht das Recht den Weiterverkauf bereits käuflich erworbener Medien zu verhindern, weshalb man bspw. die alten Texte in Comics auf Flohmärkten oder in Antiquariaten erwerben kann. Unternehmen können auch nicht verhindern, dass man über die Veränderungen ihrer Texte berichten kann und den Vergleich der alten und neuen Inhalte zieht.
Das mit dem Urheberrecht ist ein Märchen, wenn die Geschichten Figuren enthalten, die einem Unternehmen gehören, werden sie niemals urheberrechtsfrei sein. Das mit den 70 Jahren nach dem Tod des Autors trifft in diesem Falle sowieso nicht zu, weil es nicht die Autoren sind, die die Rechte an den Comics haben, sondern nur die Disney Company. Und der Rest ist irgendwie ein schwacher Trost. Na gut, die Werke sind komplett in der Hand eines Großunternehmens, aber immerhin können sie keinen Polizeitrupp schicken, um bisherige Ausgaben zu vernichten? Um mein vorheriges Beispiel zu bemühen: Das ist so, als ob alle Internetprovider oder Kreditkartenanbieter ihnen unangenehme Websites gesperrt hätten und du dann sagen würdest „Na und? Ist ja nicht verboten; wer die Website weiter aufrufen will, dem ist es ja erlaubt, einfach seinen eigenen Internetprovider zu gründen.“

(30.12.2021, 21:49)Ducky Tales schrieb: Natürlich kann Disney entscheiden, welche Comics es wie wann wo und überhaupt veröffentlicht. Jedoch gleich von Zensur zu sprechen, wenn bestimmte Comics nicht veröffentlicht werden, ist vorschnell gedacht. Es kann auch andere Gründe dafür geben. Da Disney ein internationales Unternehmen ist und möglichst viele Leute ansprechen will, um mehr Geld verdienen zu können, sorgt es dafür, dass deren Inhalte nirgendwo anecken, um eventuelle Kunden nicht abzuschrecken. Dazu ändert es u.a. ältere Versionen ihrer Texte, weil es meint, dadurch Vorwürfen und Klagen entgehen zu können. Wie sinnvoll oder sinnfrei man diese Änderungen findet, steht wiederum auf einem anderen Blatt. Es kann somit nachvollziehbar erklärt werden, wieso sie so handeln wie sie handeln. Ob dieses Handeln sinnvoll oder sinnfrei ist, muss, wie bereits gesagt, anderweitig diskutiert werden.
Den zweiten und dritten Satz verstehe ich nicht. Andere Gründe als was? Die Gründe, die du beschreibst, sind denke ich allen hier klar. Natürlich geht es um das Verdienen von mehr Geld durch weniger Anecken. Das war schon immer so. Disney hat Ho sposato una strega gebannt und die Vorlagen vernichten lassen, weil sie nicht wollten, dass der Figur Micky Maus ein Imageschaden zugeführt werden könnte – ein Imageschaden heißt weniger Geld. Disney hat Lo strano caso del Dottor Ratkyll e di Mister Hyde gebannt, weil sie nicht wollten, dass die Markenidentität der Figuren Micky Maus und Donald Duck beschädigt wird. Beschädigte Markenidentität = weniger Geld. Ehapa hat Waffen aus Comics rausretuschiert, weil sie nicht wollten, dass das Image ihrer putzigen Kindercomicheftchen geschädigt wird. Geschädigtes Image = weniger Geld. Wirtschaftlich sinnvoll, künstlerisch natürlich nicht; genau das ist ja das Problem.

(30.12.2021, 21:49)Ducky Tales schrieb: Ich finde jedoch gleich von Zensur zu sprechen, wird dem Wort, seiner Bedeutung und seiner Geschichte nicht gerecht, auch wenn man es sich irgendwie hinzubiegen versucht. Zensur ist so viel mehr und so viel schlimmer als die Abänderung einiger Worte und Abschnitte in einem Comic, den man letztendlich doch druckt und dessen alte Versionen man bei Möglichkeit käuflich erwerben kann oder den Kontakt zu Leuten sucht, die den Zugang zu den alten Versionen ermöglichen.
Wenn der Staat diese Änderungen in den Comics angeordnet hätte (und ansonsten alles gleich wäre, also kein Verbot des privaten Verkaufs alter Ausgaben usw.), fändest du das dann schlimmer? Wenn ja, dann frage ich mich nämlich, warum du die Änderung dieser Comics durch den Staat verwerflich fändest, die durch ein Großunternehmen aber nicht, selbst wenn es genau im gleichen Ergebnis mündet. Die einzige Erklärung dafür wäre ja, dass du findest, dass es Disney oder Ehapa ethisch gesehen zumindest teilweise zusteht, über diese Comics zu entscheiden.

Übrigens, es ist nur eine persönliche Vermutung, aber ich habe das Gefühl, dass einige sich hier mit Kritik zurückhalten oder gar Disney/Ehapa verteidigen, weil sie nicht viel von den alten Fuchs-Texten halten und sich vielleicht sogar freuen, dass sie endlich mal zumindest teilweise „entweiht“ werden, oder weil sie die neuen Textversionen gar besser finden. Das kann ich verstehen, aber man ist eben entweder für solche Eingriffe oder dagegen. Man findet entweder, dass Disney/Ehapa ein moralisches Recht auf diese Comics und Eingriffe daran haben sollten oder eben nicht. Wer findet, dass es das Recht der Redaktion/von Disney ist, neuzuveröffentlichende Texte nach Erwähnungen von, sagen wir, Konfirmationen durchzugehen und diese pauschal zu entfernen, der findet eben auch automatisch, dass es das Recht der Redaktion/von Disney ist, überhaupt irgendwelche Anpassungen vorzunehmen, also auch Waffen zu retuschieren oder markenschädigende Geschichten zu bannen – selbst wenn er, wie ich, Texte ohne die Erwähnungen von irgendwelchen Konfirmationen sehr viel passender findet. Und ich glaube nicht, dass irgendjemand hier Ehapa/Disney verteidigen würde, wenn das passieren würde. Deshalb nur noch mal eine Erinnerung, dass es hier um eine Grundsatzfrage geht.
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(30.12.2021, 17:00)Luk schrieb:
(29.12.2021, 23:47)Spectaculus schrieb: Die Originale wurden ja von Fantagraphics jüngst auch zensiert.
Oh, das hab ich nicht mitgekriegt. Welche Originale?
Es ging 2019 los. Siehe hier: https://featherysociety.proboards.com/th...ary?page=5

Was Ehapa angeht: Ich stehe dem Ganzen, wie schon angedeutet, etwas emotionsloser gegenüber. Und Kioskprodukte könnten auch anders behandelt werden als Hardcover/Liebhaberausgaben (die Gottfredson-Library wäre z.B. als Kioskprodukt so gar nicht denkbar). Ärgerlich ist es für mich dann, wenn man zuerst einen originalgetreuen Nachdruck ankündigt - inklusive alter Rechtschreibung! - und dann mittendrin den Kurs wechselt.

Oh, weil's grade passt: Hier ein alter Thread aus dem CF. (Findet übrigens eigentlich noch jemand, dass Joachim Stahl hier unglaublich arrogant rüberkommt?)

https://www.comicforum.de/showthread.php...ost2410804
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(31.12.2021, 00:01)Spectaculus schrieb: inklusive alter Rechtschreibung!
Ja, das ist seltsam. Alte Rechtschreibung ist ja quasi das Sahnehäubchen auf dem Gipfel der Originaltreue – „diese Texte sind so unglaublich originalgetreu und unverändert, wir haben nicht mal die Rechtschreibung angepasst“ – und dann hat man aber noch Bock auf einen Haufen an Änderungen.

(31.12.2021, 00:01)Spectaculus schrieb: Oh, weil's grade passt: Hier ein alter Thread aus dem CF. (Findet übrigens eigentlich noch jemand, dass Joachim Stahl hier unglaublich arrogant rüberkommt?)

https://www.comicforum.de/showthread.php...ost2410804
Das ist gar nichts im Vergleich zu seinem Aufritt im – Achtung, es folgt ein Spoiler zur nächsten Episode von „Das Herrenvolk: Geschichten aus der Welt der deutschen Neutexter“ –
Spoiler:
Thread zu TGDD 294.

EDIT: Ich sehe jetzt erst, dass er auch auf der ersten Seite gepostet hat und sich dort aus was für Gründen auch immer wahnsinnig über die völlig harmlose und berechtigte Kritik über den fast einstimmig als unerträglich beschriebenen Geruch echauffiert. Das ist schon der Hammer.
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TGDD 294... ich wette, Du meinst diesen Thread hier?
https://www.comicforum.de/showthread.php...-294/page3
„Erzittre, Diebesgesindel! Phantomias naht mit Brausen!“
(Sehr überlegener langjähriger Zeremonienmeister, Kenner und Organisator von Premieren und Feiern)
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Es ist sehr interessant, die spannende Diskussion hier um dieses wichtige Thema zu verfolgen. Ich habe leider nichts Konstruktives dazu beizutragen, kann mich der von Luk geäußerten Kritik nur immer wieder anschließen und könnte die Argumente gar nicht besser formulieren. Ich empfinde das Vorgehen des Verlages als grundsätzlich falsch, unzwar völlig unabhängig davon, wie mir die recht frei von Fuchs übersetzten Barks-Texte gefallen oder inwiefern mir diese auch abseits der aktuellen Veröffentlichungen zur Verfügung stehen. Man pfuscht nicht in Texten anderer Leute herum, nicht in Büchern und auch nicht in Comicbüchern. Soll halt ein neuer Texter eine neue Textfassung erstellen mit dem Hinweis „an dem politisch erwünschten Sprachgebrauch 2021 angepasst und nur grob am Original orientiert“. Würd ich dann allerdings auch nicht lesen Zwinkern
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(30.12.2021, 07:41)Ducky Tales schrieb: Also von Zensur kann man in diesem Fall wirklich schlecht sprechen, nur weil ehapa einige Stellen in den Barks-Fuchs-Texten anders benennt. Es ist eine Neuanpassung, die sich gegen Diskriminierung von marginalisierten Gruppen ausspricht und ehapa meint, so damit etwas beitragen zu können. Zudem wurden die alten Schriften nicht aus dem Verkehr gezogen, sondern können anderweitig käuflich erworben werden. Also herrscht keine Zensur, auch wenn manche das immer so dramatisch verkaufen möchten.

Diese Heiligsprechung von alten Fuchstexten sehe ich hingegen problematisch an, weil manche so tun, als dürfe nie jemand daran Hand anlegen, weil sie so vollkommen seien.  Das sind sie nicht. Jeder, der die alten Texte haben will, kann sie irgendwo finden oder hat sie schon. Und die neuen Texte werden eben dem Zeitgeist angepasst. So what?

Die Problematik besteht nicht darin, DASS man Texte "dem Zeitgeist anpasst", sondern welche Handlungsmaxime dem zugrunde liegt, die -will sie den Normen einer anwendbaren Moral entsprechen- a priori verallgemeinerbar sein muss. Übrigens ist es vollkommen unerheblich, ob wir das als Zensur bezeichnen.

Staatliche Eingriffe finden tatsächlich nicht statt. Es besteht also kein externer Zwang, diese Texte zu ändern. Warum also tut man das? Weil es angeblich dem "Zeitgeist" entsprechen muss, der mal eben so allerhand gesellschaftliche Minderheiten ausfindig macht, die sich durch Begrifflichkeiten diskriminiert oder herabgewürdigt fühlen - was in den meisten Fällen gar nicht der Fall ist. Aber das wäre ein anderes Thema. 

Setzen wir wohlwollend voraus, dass sich allein durch einen Begriff ("Zwergindianer") oder Ausruf ("Oh Gott") jemand diskriminiert fühlen könnte, so stellt sich immer noch die Frage, in welcher Absicht diese oder jene Begrifflichkeiten oder Wortwendungen einst gewählt wurden. Geschah dies, um tatsächlich jemanden oder gar ganze Volksgruppen herabzuwürdigen, so sind wir uns wahrscheinlich alle einig, dass man derartiges heutzutage nicht mehr verbreiten sollte. Aber weder Carl Barks noch Frau Dr. Fuchs waren bekennende Rasissten oder dergleichen, und ihnen zu unterstellen, sie taten es in eben jener Absicht, wäre eine unbegründete Stigmatisierung des Künstlers, die sich aus dieser erfolgten Zensur ergäbe. Das wäre schon mal das erste Problem, das sich aus dem vorauseilendem und blinden Gehorsam einem solchen Zeitgeist gegenüber ergäbe. 

Nun wenden die Hüter des Zeitgeistes gleichsam ein, dass durch solche "politisch unkorrekten" Begrifflichkeiten beim Rezipienten jener Texte oder Kunstwerke das gesellschaftlich gewachsene und durchaus wünschenswerte Bewusstsein gegenüber den Befindlichkeiten von Minderheiten oder indigenen Volksgruppen Schaden nimmt oder verhindert wird. Und genau hier liegt der eigentliche Kern des Problems, den eine solche Zensur, oder wie immer wir das nennen wollen, in sich birgt. Und zwar aus zweierlei Gründen:

- Erstens wird dann unterstellt, dass der Leser oder Betrachter der Kunst nicht in der Lage ist, sich selbst ein Urteil zu bilden, weil es ihm an einer gefestigten Moral und an Verstand mangelt, 

- und zweitens sich stets ein Zensor (oder wie auch immer wir ihn nennen wollen) zum Vordenker aufschwingt, der sich dazu berufen fühlt, das "verdriessliche Geschäft" des selber Denkens (Kant) zu übernehmen.

Daraus folgt, und das ist mein Argument, dass ein solcher Umgang mit der Kunst im Allgemeinen die Unmündigkeit des Bürgers voraussetzt und zementiert, da hier offensichtlich ein unterstellter Mangel an Urteilskraft vorherrschen muss - übrigens auch bei jenen, die man mit dieser Zensur angeblich zu schützen gedenkt. Ein Aspekt mit einem ganz besonderem Geschmäckle, der dabei immer gerne unter den Tisch gekehrt wird. Diese Leute mögen sich als Aufklärer verstehen, aber es ist das Gegenteil von Aufklärung. Ein jedwedes Vordenkertum ist abzulehnen. 

Was ich, ein Autor oder ein Künstler sagen, schreiben oder darstellen darf und was nicht, darüber entscheidet weder der Zeitgeist noch irgend ein selbsternannter Tugendwächter der Moral - und wenn es noch so gut gemeint ist. Was man darf oder nicht darf, darüber entscheidet allein das Strafgesetzbuch oder die Justiz. Das allein setzt den Handlungsrahmen. Kunstwerke oder Texte einem Zeitgeist zu unterwerfen, in dem man darin herumstreicht, atmet denselben Geist jener frühneuzeitlichen Päpste, die Gemälde übermalen oder Statuen verändern ließen und damit Kunstwerke unwiederbringlich zerstörten, weil sie nicht dem "Zeitgeist" entsprachen. Das dachten sich die afghanischen Taliban auch, als sie die großen Buddhastatuen sprengten. Das nämlich ist eine unausweichliche moralische Norm, die sich aus dieser hier beschriebenen Handlungsmaxime ergibt. Wer das will, soll es laut und deutlich sagen, oder die Finger von Carl Barks und Frau Dr. Erika Fuchs lassen. Noch war stets ein jeder Weg zur Hölle mit ausschließlich guten Absichten gepflastert.

(31.12.2021, 14:53)FAB schrieb: Es ist sehr interessant, die spannende Diskussion hier um dieses wichtige Thema zu verfolgen. Ich habe leider nichts Konstruktives dazu beizutragen, kann mich der von Luk geäußerten Kritik nur immer wieder anschließen und könnte die Argumente gar nicht besser formulieren. Ich empfinde das Vorgehen des Verlages als grundsätzlich falsch, unzwar völlig unabhängig davon, wie mir die recht frei von Fuchs übersetzten Barks-Texte gefallen oder inwiefern mir diese auch abseits der aktuellen Veröffentlichungen zur Verfügung stehen. Man pfuscht nicht in Texten anderer Leute herum, nicht in Büchern und auch nicht in Comicbüchern. Soll halt ein neuer Texter eine neue Textfassung erstellen mit dem Hinweis „an dem politisch erwünschten Sprachgebrauch 2021 angepasst und nur grob am Original orientiert“. Würd ich dann allerdings auch nicht lesen Zwinkern

Die Problematik besteht ja nicht nur bei Disney/ Ehapa, sondern erstreckt sich auf weite Gebiete unseres gesellschaftlichen Lebens. Das beginnt bei Pippi Langstrumpf, wo plötzlich aus einem "Negerkönig" ein "Südseekönig" wird, geht weiter zu Immanuel Kant, dem man Rassismus unterstellt und demzufolge sein Werk nur noch "kritisch" betrachtet und behandelt werden soll, am besten ganz gestrichen, bis hin, wie bei uns in Berlin geschehen, zu einem harmlosen Liebesgedicht, das von der Hauswand einer Hochschule entfernt werden musste, weil es frauenfeindlich sei, wenn ein Mann die Schönheit einer Frau preist, da es sie zu einem sexuellen Objekt herabwürdigt, die "Bipolarität der Geschlechter" zementiere und sich demzufolge "Diverse" diskriminiert fühlen könnten. Man mag wohlwollend hier und da Verständnis zeigen, wenn Begriffe ersetzt oder gestrichen werden. Die Frage lautet nur, wer festlegt, was erwünscht und was nicht erwünscht ist. Das öffnet der Willkür Tür und Tor. Und irgendwann schreckt man nicht einmal mehr davor zurück, unser gesamtes kulturelle Erbe auf den "Zeitgeist" abzuklopfen und Goethe, Schiller und Co. in Giftschränke zu verbannen oder gleich öffentlich zu verbrennen. 

Die gesamte Entwicklung macht mir Angst, denn es geht hier schon lange nicht mehr nur um ein paar Fuchs-Übersetzungen, sondern um ein moralisches Prinzip: Wollen wir es den Menschen selbst überlassen, alte, vielleicht nicht mehr ganz politisch korrekte Texte oder Kunstwerke im Lichte einer neuen bzw. aktuellen Moral richtig zu deuten und zu rezipieren, oder wollen wir, dass eine kleine Elite von selbsternannten Vordenkern uns vorschreiben soll, was wir lesen, sehen oder hören dürfen und was nicht? Darum geht's, und um nichts anderes. Persönlich ist es mir egal, ob Donald und Co. nun auf Fridolin Freudenfett oder Fridolin Fröhlich trifft. Es geht hier ums Prinzip. Heute trifft es Barks, aber schon morgen verbannen wir Schillers "Glocke", da in jenem Gedicht eine "züchtige Hausfrau waltet", und das ist schließlich frauenfeindlich. Also weg damit.
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Das führt jetzt ein wenig Off-Topic, aber „kritisch“ sollte man Kant und auch sonst jeden Philosophen schon behandeln. „Kritik“ ist ja schließlich nicht mehr als ergebnisoffenes, tiefergehendes Evaluieren einer Sache. Allerdings wird und wurde das ja auch schon immer so gemacht, und auch die, regelmäßig in der Tat unhaltbaren, Aussagen Kants zum Thema Rasse sind zum Gegenstand vieler Kritiken (schon zu Lebzeiten Kants) geworden. Wer denkt, es wäre besser, Kant einfach zu streichen, ist natürlich völlig auf dem Holzweg. Ich habe prinzipiell übrigens kein Problem damit, den „Negerkönig“ zum Südseekönig umzuändern, genausowenig wie ich ein Problem damit habe, Pippi Langstrumpf zu einem Punk mit grünen Haaren umzutexten, aber das liegt halt an meiner Freie-Kultur-Einstellung zum Thema Copyright, die sich schwer auf die herrschenden Verhältnisse übertragen lässt. Am besten wärs, der Originaltext ist frei verfügbar und jeder darf verändern und drucken, wie es seinem Bedarf entspricht – wer seinen Kindern vorlesen will, nimmt den „Negerkönig“ selbstverständlich raus. Wenn das nicht möglich ist und irgendwelche anderen Personen auf die Rechte am Originaltext bestehen, müssen sie diesen zumindest bewahren und Pippi Langstrumpf dann halt leider Gottes als historisches Artefakt in Sammelausgaben belassen. Exklusiv durch profitorientierte Akteure vorgenommene Änderungen sind ein Unding.
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(31.12.2021, 21:54)Luk schrieb: Das führt jetzt ein wenig Off-Topic, aber „kritisch“ sollte man Kant und auch sonst jeden Philosophen schon behandeln. „Kritik“ ist ja schließlich nicht mehr als ergebnisoffenes, tiefergehendes Evaluieren einer Sache. Allerdings wird und wurde das ja auch schon immer so gemacht, und auch die, regelmäßig in der Tat unhaltbaren, Aussagen Kants zum Thema Rasse sind zum Gegenstand vieler Kritiken (schon zu Lebzeiten Kants) geworden. Wer denkt, es wäre besser, Kant einfach zu streichen, ist natürlich völlig auf dem Holzweg. Ich habe prinzipiell übrigens kein Problem damit, den „Negerkönig“ zum Südseekönig umzuändern, genausowenig wie ich ein Problem damit habe, Pippi Langstrumpf zu einem Punk mit grünen Haaren umzutexten, aber das liegt halt an meiner Freie-Kultur-Einstellung zum Thema Copyright, die sich schwer auf die herrschenden Verhältnisse übertragen lässt. Am besten wärs, der Originaltext ist frei verfügbar und jeder darf verändern und drucken, wie es seinem Bedarf entspricht – wer seinen Kindern vorlesen will, nimmt den „Negerkönig“ selbstverständlich raus. Wenn das nicht möglich ist und irgendwelche anderen Personen auf die Rechte am Originaltext bestehen, müssen sie diesen zumindest bewahren und Pippi Langstrumpf dann halt leider Gottes als historisches Artefakt in Sammelausgaben belassen. Exklusiv durch profitorientierte Akteure vorgenommene Änderungen sind ein Unding.

Gewiss hat Kant Aussagen gemacht, bei denen wir heute zurückschrecken würden. Aber man sollte das immer in einem historischen Kontext betrachten und vor allem der Frage nachgehen, in welcher Absicht er das tat. Und spätestens dort muss man zu dem Ergebnis kommen, dass Kant auch nach unseren heutigen Moralvorstellungen kein Rassist gewesen ist. Und diese "kritische" Betrachtung Kants, die in diesem Zusammenhang gefordert wird, bezieht sich auf sein Gesamtwerk und impliziert, sich davon zu distanzieren. Hier wird der Begriff der Kritik , was ja nicht mehr heißt als "Untersuchen", also in einem abwertenden und nicht untersuchenden Kontext gebraucht. Das ist schon der pure Wahnsinn.

Was den "Negerkönig" anbelangt, so habe ich selbst auch kein Problem damit, ihn nun als "Südseekönig" zu bezeichnen. Aber darum geht es nicht. Es geht hier ums Prinzip. Und was ich damit meine, habe ich hinreichend beschrieben. 

Einen guten Rutsch ins neue Jahr! :)
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Die, die sich aufregen, können nur diejenigen sein, die über die Erstdrucke verfügen und den "neumodischen Kram" nicht kaufen (würden).

So. Das ist nun platt ausgedrückt. Aber ist es nichtso? Denn die, die die "harmloseren" oder (mein Gott) "zensierten" Versionen kaufen - weil sie dieErstabdrucke aus Altersgründen gar nicht kennen (können), merken den Unterschied gar nicht. Da sie nur die von ihnen gelesene Version kennen. Ich glaube kaum, dass die gute Frau Fuchs diese Aufregung verstehen würde.
„Erzittre, Diebesgesindel! Phantomias naht mit Brausen!“
(Sehr überlegener langjähriger Zeremonienmeister, Kenner und Organisator von Premieren und Feiern)
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(31.12.2021, 17:18)$crooge schrieb: Kunstwerke oder Texte einem Zeitgeist zu unterwerfen, in dem man darin herumstreicht, atmet denselben Geist jener frühneuzeitlichen Päpste, die Gemälde übermalen oder Statuen verändern ließen und damit Kunstwerke unwiederbringlich zerstörten, weil sie nicht dem "Zeitgeist" entsprachen. Das dachten sich die afghanischen Taliban auch, als sie die großen Buddhastatuen sprengten. Das nämlich ist eine unausweichliche moralische Norm, die sich aus dieser hier beschriebenen Handlungsmaxime ergibt. Wer das will, soll es laut und deutlich sagen, oder die Finger von Carl Barks und Frau Dr. Erika Fuchs lassen. Noch war stets ein jeder Weg zur Hölle mit ausschließlich guten Absichten gepflastert.
Noch mal zur Erinnerung: Es geht hier um einen Nachdruck... niemand vernichtet die vielen bereits in Verbreitung befindlichen Varianten der Fuchstexte.

Ich finde die Tendenz auch nicht toll, aber hier stört mich in erster Linie die Inkongruenz. Manche Änderungen sind für mich zum Gähnen: Wenn Dr. Erika Fuchs z.B. in ihren späteren Übersetzungen kein "Oh Gott" mehr verwendet hat (das jetzt nur mal als Vermutung), dann wohl auch, weil sie selbst das als stilistisch unpassend erkannt hat. Den mitttlerweile sehr oft zitierten Fridolin Freudenfett finde ich da schon fragwürdiger, weil das eben eine typische Fuchs-Kreation ist und die ersetzte Variante nicht denselben Klang hat.
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(30.12.2021, 23:11)Luk schrieb: Disney (und in Deutschland Ehapa) haben die kompletten Rechte an Disney-Comics. Wenn sie entscheiden, dass sie irgendetwas nicht mehr drucken werden, gleichzeitig aber die Urheberrechte daran behalten, also das Drucken durch irgendjemand anderen verbieten, dann ist das logischerweise eine kontrollierte Unterdrückung. Was sonst?

Die Entscheidung, etwas nicht mehr drucken zu wollen. Unternehmerische Freiheit. Wenn die Übersetzungen der Rosa-Texte von Peter Daibenzaiher nicht mehr veröffentlicht und sie nicht mehr gedruckt werden, spricht man auch nicht von kotrollierter Unterdrückung. In beiden Fällen werden Texte nicht mehr an die Öffentlichkeit gebracht, weil man Gründe gegen eine Veröffentlichung hat (in beiden Fällen war sie nicht passend).

Zitat:Das mit dem Urheberrecht ist ein Märchen, wenn die Geschichten Figuren enthalten, die einem Unternehmen gehören, werden sie niemals urheberrechtsfrei sein.

Nein, das ist die aktuelle Rechtslage. In Deutschland gelten die 70 Jahre, in Amerika sind es sogar mehr (120 Jahre nach der Shöpfung, 95 Jahre nach der Veröffentlichung, hab es hier als Link ). Ist für einige sicherlich ärgerlich, ändert aber nichts an der Tatsache, das auch Unternehmen das Urheberrecht an Figuren verlieren können.
Dein Vergleich mit den Internetprovidern passt übrigens nicht, da diese keine Rechte an Websites haben wie Disney sie an den Comics hat.

Zitat:Den zweiten und dritten Satz verstehe ich nicht. Andere Gründe als was?
Andere Gründe als Zensur (also das böswilllige Unterschlagen von Informationen).

Zitat:Wenn der Staat diese Änderungen in den Comics angeordnet hätte (und ansonsten alles gleich wäre, also kein Verbot des privaten Verkaufs alter Ausgaben usw.), fändest du das dann schlimmer?

Ja. Wenn Disney selbst entscheidet, was sie drucken wollen und was nicht, dann ist das ihre persönliche Entscheidung. Wenn der Staat entscheidet, was Disney veröffentlichen darf, beschneiden sie Disneys Freiheitsrechte (Ausnahmen bilden natürlich Gesetze zum Jugend- sowie Persönlichkeitsrechteschutz).

Zitat:Übrigens ist es vollkommen unerheblich, ob wir das als Zensur bezeichnen.

Nein, ist es nicht, denn darum geht es mir ja in meinem Post. Mit dem Begriff Zensur geht so viel mehr einher als bloße Textänderungen innerhalb eines in anderweitiger Form erschienenen Textes. Es geht um eine gewollte Unterdrückung und das Verbot der Veröffentlichung zum Zwecke der Desinformation, meist durch staatliche Eingriffe, und das ist in diesem Fall nicht gegeben.

Was die inhaltliche Auseinandersetzung und Sinnhaftigkeit der Änderungen angeht, möchte ich gar nicht groß thematisieren, da dies den Rahmen sprengen würde. Nur so viel dazu: Davon auszugehen, man könne stets die Mündigkeit des Lesers voraussetzen, der sich schon das richtige Urteil dazu bilden wird, halte ich für zu einfach gedacht. Allein weil wir es beim Lesen der Texte auch mit vielen Kindern zu tun haben, die sich mit der Tiefe einer Problematik nicht auseinandergesetzt haben, sie in dem Alter nicht begreifen können und daher gar nicht um die Bedeutung wissen. Dies könnte man natürlich als Verlag auch anders lösen als durch reine Textänderungen, aber darauf will ich ja nicht hinaus. 
Zudem möchte ich erwähnen, dass eine Textänderung nicht automatisch dazu führt, dass nicht mehr selbst gedacht werden kann. Sich nur auf den einen Satz von Kant zu berufen, halte ich für die Komplexität der Thematik für zu einfach gedacht.

Zitat:Was ich, ein Autor oder ein Künstler sagen, schreiben oder darstellen darf und was nicht, darüber entscheidet weder der Zeitgeist noch irgend ein selbsternannter Tugendwächter der Moral - und wenn es noch so gut gemeint ist. Was man darf oder nicht darf, darüber entscheidet allein das Strafgesetzbuch oder die Justiz. Das allein setzt den Handlungsrahmen. Kunstwerke oder Texte einem Zeitgeist zu unterwerfen, in dem man darin herumstreicht, atmet denselben Geist jener frühneuzeitlichen Päpste, die Gemälde übermalen oder Statuen verändern ließen und damit Kunstwerke unwiederbringlich zerstörten, weil sie nicht dem "Zeitgeist" entsprachen. Das dachten sich die afghanischen Taliban auch, als sie die großen Buddhastatuen sprengten. Das nämlich ist eine unausweichliche moralische Norm, die sich aus dieser hier beschriebenen Handlungsmaxime ergibt.

Bei der Übermalung von Gemälden oder dem Sprengen von Statuen sind diese tatsächlich für immer zerstört. Bei den Änderungen der Fuchs-Übersetzungen ist dies aber nicht der Fall, da die Originale noch mannigfaltig vorhanden sind (im Besitz von LeserInnen; sicherlich auch im Verlag selbst). Sie könnten also jederzeit wieder gedruckt werden.
Du vergisst bei deiner Aufzählung, dass auch ein Unternehmen über die Freiheit verfügt, zu entscheiden, was sie von ihren angestellten Künstlern wie veröffentlichen möchten. Auch hier darf dann nur das Gesetz entscheiden, was rechtlich erlaubt ist und was nicht und nicht irgendwelche Leute, denen das gegen den Strich geht, weil sie den Zeitgeist nicht mögen.



Es wäre allgemein wirklich förderlicher, wenn nicht gleich in Extremen gedacht wird, sondern nüchtern der tatsächliche Gegenstand betrachtet wird. Klar kann man sich so die Aufmerksamkeit der Leute holen, wenn man Soddom und Gomorrha herauf beschwört. Es unterstützt aber nicht die Diskussion, weil es dann nur ein Schwarz-Weiß gibt, hingegen die unterschiedlichen Farbtöne dazwischen ignoriert werden. Dabei haben hier schon einige Posts gut gezeigt, dass die Problematik differenzierter betrachtet werden kann.
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Man kann nicht diskutieren, wenn einige Teilnehmer nicht auf die Argumente des anderen eingehen, sondern beständig das immergleiche von sich geben.
1: Das ist Zensur
2: Das ist keine Zensur!
1: Das ist Zensur, weil….
2: Das ist keine Zensur!

Ich ziehe mich aus der Diskussion zurück.
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Du warst ja noch nicht mal in der Diskussion drin und hast schon von vornherein gesagt, dass du darüber nicht diskutieren willst. Also tu bitte nicht so, als ob du so stark hier involviert warst.
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(02.01.2022, 11:16)Ducky Tales schrieb: Es wäre allgemein wirklich förderlicher, wenn nicht gleich in Extremen gedacht wird, sondern nüchtern der tatsächliche Gegenstand betrachtet wird.
Ja, danke, genau das habe ich mir auch gedacht, als ich das Thema hier gelesen hab. Und ja, ich finde Ehapas Vorgehen auch falsch und dumm, dann aber gleich den Bogen zu Bücherverbrennungen zu schlagen... naja.

Zitat:Dies könnte man natürlich als Verlag auch anders lösen als durch reine Textänderungen, aber darauf will ich ja nicht hinaus.
Aber genau das finde ich interessant! Denn meiner Meinung nach könnte man das Problem relativ gut ohne Textänderungen lösen, wenn man einfach klar kommunizieren würde. Der Stories-Matter-Hinweis, der jetzt immer im TGDD drin ist, geht ja schon mal in die richtige Richtung, aber man muss es gar nicht so förmlich formulieren und auch nicht so verstecken. Beim LTB Classic könnte man einfach auf der ersten Seite einen kurzen Text schreiben. Mögliche Formulierung (ist jetzt einfach spontan von mir, hat keinesfalls Anspruch auf Perfektion): "Liebe Duck-Fans, die hier veröffentlichten Geschichten stammen aus dem Jahr 19XX und wurden in der Form beibehalten, wie sie von Carl Barks gezeichnet und von Erika Fuchs getextet wurden. Daher kann es sein, dass einige Darstellungen und Formulierungen nicht mehr zeitgemäß oder sogar diskriminierend sind." Und dann ggf. Beispiele aus den jeweiligen Geschichten. Das wäre transparent und ich glaube, dass damit die meisten Leute zufrieden wären, oder? Klar, vielleicht gibt es Leute, die trotzdem noch Änderungen direkt im Text fordern und vielleicht gibt es auch einige, die sich selbst an diesem Hinweis stören und ihn überflüssig finden. Das dürften aber nur wenige Leute sein, die man leicht ignorieren könnte.
"Zwei notwendig entfernte Zeitpunkte in ein und ebendasselbe Gemälde bringen, [...] heißt ein Eingriff des Malers in das Gebiete des Dichters, den der gute Geschmack nie billigen wird." (Gotthold Ephraim Lessing)

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(02.01.2022, 14:30)313er schrieb: Beim LTB Classic könnte man einfach auf der ersten Seite einen kurzen Text schreiben. (…) Das wäre transparent und ich glaube, dass damit die meisten Leute zufrieden wären, oder?

Dass so etwas im Zusammenhang mit Disney und Donald Duck gut funktionieren kann, haben für mich schon vor Jahren die (nicht ganz vollständigen?) „Disneys Kostbarkeiten“-DVDs mit den Cartoonfilmen aus den 40er Jahren gezeigt, die heute als weitaus problematischer angesehen werden können als die Fuchs-Texte. Meines Wissens nach wurde hier jede DVD mit einem Vorwort des Filmhistorikers Leonard Maltin versehen, der die Cartoons zeitlich einordnet und dabei auch explizit auf aus heutiger Sicht problematische Passagen eingeht. Diese waren dann, soweit ich es beurteilen kann, unverändert zu sehen und ein paar besonders brisante Filme wurden sogar nochmals zusätzlich kommentiert. Mir haben diese Veröffentlichungen gut gefallen.
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So wird es ja beispielsweise auch bei der Floyd Gottfredson Library gemacht – ich halte das auch für die eleganteste Lösung und finde, bei solch brisanten Themen kann man sich diese "Mühe" auch in Kiosk-Produkten machen
D.U.C.K. (Dedicated to Unca Carl and Keno)
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(02.01.2022, 16:51)Sergei schrieb: So wird es ja beispielsweise auch bei der Floyd Gottfredson Library gemacht – ich halte das auch für die eleganteste Lösung und finde, bei solch brisanten Themen kann man sich diese "Mühe" auch in Kiosk-Produkten machen

Zumal die Mühe, ganze Bände an Comictexten durchzuarbeiten, um etwaige Änderungen vorzunehmen, einen erheblich größeren Aufwand darstellen dürfte. ;)
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(02.01.2022, 16:51)Sergei schrieb: So wird es ja beispielsweise auch bei der Floyd Gottfredson Library gemacht – ich halte das auch für die eleganteste Lösung und finde, bei solch brisanten Themen kann man sich diese "Mühe" auch in Kiosk-Produkten machen
Glaube aber, dass da ein Unterschied zwischen Kiosk- und, nun ja, Sammlerprodukten besteht. So etwas wie "Lösegeld für Minnie" wäre in einem Kioskband oder -Heft absolut undenkbar, selbst mit zehnseitigem Vorwort.

Disney hat das ja in den USA schon vor einigen Jahren bei IDW forciert, wo z.B. Pistolen sowohl in den Heften als auch den Sammelausgaben zensiert wurden, während die unzensierten Versionen nur in den Hardcover-Ausgaben zu finden waren.

Das erklärt zwar noch nicht die Eingriffe in die Hardcover-Barks-Library von Fantagraphics ("Holocaust" usw.), aber macht deutlich, dass diese Dichotomie nicht aus der Luft gegriffen ist. Taschenbücher und Schwabbelhefte richten sich (auch) an kleinere Kinder, und denen will man manches offenbar nicht zumuten - bzw. will sich, wie ja schon Joachims ältere Äußerungen zeigen, davor schützen, dass übereifrige Eltern Sturm laufen, was ihren Kindern da vorgesetzt wird.
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(02.01.2022, 11:16)Ducky Tales schrieb: Die Entscheidung, etwas nicht mehr drucken zu wollen. Unternehmerische Freiheit. Wenn die Übersetzungen der Rosa-Texte von Peter Daibenzaiher nicht mehr veröffentlicht und sie nicht mehr gedruckt werden, spricht man auch nicht von kotrollierter Unterdrückung. In beiden Fällen werden Texte nicht mehr an die Öffentlichkeit gebracht, weil man Gründe gegen eine Veröffentlichung hat (in beiden Fällen war sie nicht passend).
Doch, natürlich werden Daibenzeihers Texte kontrolliert unterdrückt, das ist doch der Sinn und Zweck des Ganzen. Nur handelt es sich dort um eine kontrollierte Unterdrückung von Neutextungen durch den Autor des Originals und nicht durch irgendeine Firma, die in der Kunst selbst gar nicht involviert ist. Großer Unterschied. Und wofür willst du denn jetzt eigentlich genau argumentieren? „Die Entscheidung, etwas nicht mehr drucken zu wollen. Unternehmerische Freiheit.“ sagt mir gar nichts. Inwiefern ist das jetzt ein Argument dafür, dass es sich nicht um kontrollierte Unterdrückung handelt? Es ist ein Argument dafür, dass die kontrollierte Unterdrückung legal ist und unter die unternehmerische Freiheit fällt, aber das habe ich ja nie bestritten.

(02.01.2022, 11:16)Ducky Tales schrieb: Nein, das ist die aktuelle Rechtslage. In Deutschland gelten die 70 Jahre, in Amerika sind es sogar mehr (120 Jahre nach der Shöpfung, 95 Jahre nach der Veröffentlichung, hab es hier als Link ). Ist für einige sicherlich ärgerlich, ändert aber nichts an der Tatsache, das auch Unternehmen das Urheberrecht an Figuren verlieren können.
Du hast recht, ich meinte das Markenrecht an den Figuren, die in den Comics vorkommen. Das läuft nicht aus, somit können also definitiv nicht „irgendwann andere Unternehmen diese [Comics] veröffentlichen“.

(02.01.2022, 11:16)Ducky Tales schrieb: Dein Vergleich mit den Internetprovidern passt übrigens nicht, da diese keine Rechte an Websites haben wie Disney sie an den Comics hat.
Wieso macht das den Vergleich unpassend? Der zweite Teil deines Satzes beweist doch erst recht, dass die hypothetische Situation einer Sperrung von Websites durch Internetprovider und Kreditkartenanbieter mit anschließender Verteidigung dieser Handlung durch Leute, die streng an juristischen Definitionen kleben, es handle sich um „keine Zensur“, da Internetprovider und Kreditkartenanbieter private Unternehmen sind und juristisch gesehen also machen dürfen, was sie wollen, und der völligen Verkennung der moralischen Legitimität dieses Rechts, jeder moralischen Dimension der Sperrung sowie des praktisch identischen Endeffekts einer solchen Aktion durch diese Leute eine sehr gute Parallele ist.

(02.01.2022, 11:16)Ducky Tales schrieb: Andere Gründe als Zensur (also das böswilllige Unterschlagen von Informationen).
Moooment mal. Zensur ist etwas, das geschieht. Ich sage, dass das, was hier geschieht, Zensur ist. Da sagst du: „Bevor du vorschnell von Zensur sprichst, überleg doch mal, ob es nicht auch andere Gründe als Zensur gibt für das, was hier geschieht“. Das ergibt keinen Sinn, weil Zensur kein Grund ist. Außerdem behauptest du jetzt plötzlich, dass Zensur böswillig sein muss, was noch nie Teil der Definition war.

(02.01.2022, 11:16)Ducky Tales schrieb: Ja. Wenn Disney selbst entscheidet, was sie drucken wollen und was nicht, dann ist das ihre persönliche Entscheidung. Wenn der Staat entscheidet, was Disney veröffentlichen darf, beschneiden sie Disneys Freiheitsrechte (Ausnahmen bilden natürlich Gesetze zum Jugend- sowie Persönlichkeitsrechteschutz).
Wieso Disney selbst? „Persönlich“? Das ist ein Großunternehmen. Disney vergibt die Lizenz für die Comics und weiter nichts. Ich habe dich nach deiner eigenen ethischen Einschätzung der Situation gefragt, nicht nach einem Lagebericht der rechtlichen Situation. Ich weiß, dass jedes zehnte Ding auf der Erde Disney gehört und sie damit rechtlich gesehen machen können, was ihnen gefällt. Ich frage dich, ob du denkst, dass sie es können sollten, also ob es ihnen ethisch gesehen zusteht.

(02.01.2022, 11:16)Ducky Tales schrieb: Nein, ist es nicht, denn darum geht es mir ja in meinem Post. Mit dem Begriff Zensur geht so viel mehr einher als bloße Textänderungen innerhalb eines in anderweitiger Form erschienenen Textes. Es geht um eine gewollte Unterdrückung und das Verbot der Veröffentlichung zum Zwecke der Desinformation, meist durch staatliche Eingriffe, und das ist in diesem Fall nicht gegeben.
Für dich scheinen unter Zensur nur großangelegte Staatsaktionen zu fallen und alles was mit Kunst zu tun hat sowieso nicht. Das entspricht aber nicht der geläufigen Verwendung des Wortes. Selbiges gilt für „zum Zwecke der Desinformation“, was jetzt plötzlich Bedingung für Zensur ist. Moving the goalposts. Und als ich sagte, dass es unerheblich ist, ob wir es als Zensur bezeichnen, wollte ich betonen, dass sich die inhärenten Eigenschaften einer Sache nicht durch sprachliches Beschreiben verändern. Selbst wenn es das Wort Zensur gar nicht gäbe, würde das nichts daran ändern, wie die Sache zu beurteilen ist.

(02.01.2022, 11:16)Ducky Tales schrieb: Du vergisst bei deiner Aufzählung, dass auch ein Unternehmen über die Freiheit verfügt, zu entscheiden, was sie von ihren angestellten Künstlern wie veröffentlichen möchten. Auch hier darf dann nur das Gesetz entscheiden, was rechtlich erlaubt ist und was nicht und nicht irgendwelche Leute, denen das gegen den Strich geht, weil sie den Zeitgeist nicht mögen.
Langsam beginne ich ein Muster zu erkennen. Ich muss mich also wohl nochmal klar, deutlich und unmissverständlich ausdrücken: Es. Ist. Mir. Scheiß-e-gal was Disney rechtlich gesehen darf. Disney und alle anderen Großgroßgroßunternehmen haben die moralische Integrität einer Erdbeere und sind mir so sympathisch wie Björn Höcke. Wenn es nach mir ginge, wäre das einzige Recht, das Disney hätte, sich ein für allemal aufzulösen. Ich mache ein ethisches Argument, kein juristisches. (Alles andere würde bei diesem Thema auch keinen Sinn ergeben, schließlich können Leute, die Zensur betreiben, ihre eigenen Aktivitäten stets legalisieren, wenn es nötig ist und sie über die Mittel verfügen.) Und ethisch gesehen hat Disney nun mal absolut kein Recht auf diese von unabhängigen Autoren und Zeichnern für nicht mehr als eine einmalige karge Entlohnung verfassten Comics. Ich bin eigentlich davon ausgegangen, dass sich in einem Disney-Comics-Forum alle darüber einig sind. Noch nie Don Rosas „Why I Quit“ gelesen?

(02.01.2022, 15:33)FAB schrieb: die (nicht ganz vollständigen?) „Disneys Kostbarkeiten“-DVDs
Im Original schon, aber es wurde leider gerade mal ein Drittel auf Deutsch veröffentlicht: https://en.wikipedia.org/wiki/Walt_Disney_Treasures
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@Ducky Tales: Offensichtlich habe ich mich immer noch zu unpräzise ausgedrückt. Ich betrachte diesen ganzen Vorgang aus einer streng moralphilosophischen Perspektive - und ich finde, dass man dies auch gar nicht anders als moralphilosophisch betrachten darf.

Um was geht es? Es geht weder darum, ob das nun eine Zensur ist. Es geht auch nicht darum, ob Disney als Konzern das Recht dazu hat oder um irgendwelche Lizenzen, die den Konzern dazu legitimieren. Das ist für die moralische Bewertung vollkommen unerheblich. Allein von Interesse ist hier die Maxime der Handlung, die hinter dieser Zensur (oder wie immer wir das nennen wollen) steht. Und die Maxime lautet: Wir zensieren (oder wie auch immer wir das nennen wollen) ein Kunstwerk, weil es nicht mehr zeitgemäß ist oder weil es nicht mehr dem Zeitgeist entspricht. In welchem Umfang das geschieht, ob die Originalpublikationen dabei noch verfügbar bleiben, ist für die Bewertung in jeder Hinsicht irrelevant. Was zählt, ist allein das Motiv, der Beweggrund, also die Maxime. Und diese muss so allgemein wie möglich formuliert sein: Entspricht das Kunstwerk nicht mehr dem Zeitgeist oder ist es nicht mehr zeitgemäß, dann ist es zu zensieren (oder wie auch immer wir das nennen). Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und wenn wir diese Maxime erkannt und formuliert haben, stellt sich nur noch die Frage, ob man wollen kann, dass dies ein allgemeines Gesetz sein soll. Ja oder nein? Und dieses allgemeine Gesetz muss, um es als moralisch gut zu erachten, ohne jede Bedingung, also a priori immer und unter allen Umständen gültig sein.

Wollen wir das?

Du hast meinen Vergleich mit den zerstörten Buddhastatuen oder den zerstörten Kunstwerken der Frühneuzeit nicht gelten lassen, mit dem Argument, dass wir es auf der einen Seite mit Zerstörungen zu tun haben, und auf der anderen Seite mit geänderten Texten, deren Originalveröffentlichungen ja immer noch existieren. Das jedoch ist für die Bewertung der Maxime ebenfalls irrelevant, denn nicht das Ergebnis einer Tat ist für die Bewertung von Interesse, sondern allein das Handlungsmotiv (siehe oben). Und wenn wir unsere bereits formulierte Maxime der Zensur ( oder wie auch immer wir das nennen wollen) von Kunstwerken als richtig erachten wollen, sie also für geeignet empfinden, ein allgemeines Gesetz daraus zu machen, der muss es den Taliban oder auch den frühneuzeitlichen Päpsten zugestehen, ihre Kunstwerke demselben moralischen Prinzip zu unterwerfen, wie jene, die einen Erika-Fuchs-Text dem Zeitgeist anpassen und somit Hand an ein Kunstwerk legen, nur weil es uns moralisch geboten scheint.

Kann man alles machen. Man kann es auch wollen. Aber man darf sich dann nicht wundern, wenn sich daraus nicht eines Tages ein Prinzip entwickelt, das unserer Vorstellung einer liberalen, selbstbestimmten, sprich freiheitlich-demokratischen Gesellschaft widerspricht. Denn wir reden hier ja nicht mehr nur über irgendwelche Disney-Comics, sondern dieses Prinzip der permanenten "Anpassung" oder vielmehr Unterwerfung dem Zeitgeist gegenüber hat ja hierzulande mittlerweile Ausmaße angenommen, wie man es nur von autoritären Regimen kennt. Nur dass "wir" das auch noch freiwillig tun, was das Ganze nur noch verachtenswerter macht.

Was Kunst darf und was nicht, bestimmt allein das Strafgesetzbuch. Alles andere muss unantastbar bleiben. Ohne jede Ausnahme.

Es geht ums Prinzip.
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