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Der Politik-Thread
(31.08.2017, 16:38)Topolino schrieb:
(31.08.2017, 13:21)Huwey schrieb: - Die SPD schlägt vor das Flaschenpfand wegen Vermüllung zu erhöhen, die CDU schlägt gegen Rentenarmut vor, das Pflaschenpfand zu erhöhen...
Inwiefern soll das ein Argument gegen die CDU/CSU sein? Für mich stellt das eher einen Grund dar, für Merkels Partei zu stimmen. Wenn man den Flaschenpfand erhöht, werden mehr Pfandflaschen zurückgegeben und der Müll auf der Straße und im Meer reduziert. Was spricht denn dagegen?
Grundsätzlich habe ich auch nichts dagegen, nur die Begründung der CDU ist, dass man damit ja Altersarmut bekämpfen könne. So nach dem Motto "Sollen die Armen doch Flaschen sammeln".
Michael Paul (CDU) schrieb:Viele Menschen kommen mit ihren Niedriglöhnen oder ihren geringen Renten nicht aus. Eine große Zahl davon bessert daher mit dem Sammeln von Pfandflaschen ihren Lebensunterhalt auf. Sie könnten von der Pfanderhöhung direkt profitieren.
Enti schrieb:Nope, das ist eine Ente ( Frech ) und kann man so pauschal auch gar nicht sagen. Bist du sicher, dass deine Thesen nicht vom Zentralorgan der deutschen Volksbildung für investigativen Journalismus stammen?
http://www.handelsblatt.com/politik/deut...33030.html
Gut, dass war 2012 (unter Schwarz-Gelb wurde tatsächlich mehr Mist gebaut als in der GroKo), aber recht aktuell ist dieser Artikel von Zeit Online. Und Altersarmut ist ein großes Problem.
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(31.08.2017, 16:38)Topolino schrieb: Inwiefern soll das ein Argument gegen die CDU/CSU sein? Für mich stellt das eher einen Grund dar, für Merkels Partei zu stimmen. Wenn man den Flaschenpfand erhöht, werden mehr Pfandflaschen zurückgegeben und der Müll auf der Straße und im Meer reduziert. Was spricht denn dagegen?
Ich glaube, die zynische Begründung, dass damit die Rentenarmut bekämpft werden kann. [EDIT: Huwey war schneller und hat's bestätigt.]

Jedenfalls danke für die Informationen, Huwey. Als Österreicher bekommt man von deutscher Detailpolitik nicht viel mit; die CDU habe ich trotzdem immer skeptisch gesehen, nur Merkel ist mir eben irgendwie sympathisch. Ich bin mir aber auch nicht sicher, ob ich wirklich nur deswegen CDU wählen würde; es wäre wohl eine knappe Entscheidung zwischen CDU und, hier ganz wahlomatkonform, der Linken, bei der ich das umgekehrte Problem habe: Mir gefällt das Programm, aber nicht das Personal (wobei ich das eigentlich überhaupt nicht beurteilen kann, weil ich nur Sahra Wagenknecht und auch die nur oberflächlich kenne).
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(31.08.2017, 18:43)Primus schrieb: Mir gefällt das Programm, aber nicht das Personal (wobei ich das eigentlich überhaupt nicht beurteilen kann, weil ich nur Sahra Wagenknecht und auch die nur oberflächlich kenne).
Das sehe ich genauso. Die Linken sind ja zum Teil auch aus der alten SED hervorgegangen. Gregor Gysi halte ich übrigens für einen sehr talentierten Redner, und seine Kritikreden im Bundestag vermisse ich immer noch.
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Beim Ausfüllen des Wahlomats für eine andere Person (die mir die Antworten diktiert hat) ist mir aufgefallen, dass ich völlig vergessen habe, Thesen als "wichtig" zu markieren. Also habe ich den Wahlomat noch mal gemacht (ich kann aber nicht garantieren, dass ich ganz dieselben Antworten gegeben habe). Hier ist das Ergebnis:

Die Linke 75,5 %
Die PARTEI 72,4 %
Die Grünen 69,4 %
SPD 58,2 %
CDU/CSU 53,1 %
NPD 39,8 %
FDP 39,8 %
AfD 25,5 %

Bei der Positionierung hat sich also nicht viel geändert, die Ergebnisse haben sich nur polarisiert: Die Parteien mit mehr als 50 % haben noch mehr, die Parteien mit weniger noch weniger Übereinstimmung.

@Dago und @Topolino: Wie habt ihr es eigentlich geschafft, die Ergebnisse aller Parteien angezeigt zu bekommen, obwohl man nur acht auswählen kann? Seid ihr immer wieder zurückgegangen und habt andere ausgewählt?
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Jup, immer wieder zurück nd die PArteien ausgewählt, ist ja nur ein Klick.
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(04.09.2017, 17:21)Floyd Moneysac schrieb: Und, nun ja, ich glaube, gebildetere sind eher Atheisten und links (falls jemand anderer Meinung ist: Ich habe keine Lust, darüber sinnlos zu diskutieren!).
Wenn du keine Lust auf Diskussionen hast, empfehle ich, nicht solche steile Thesen aufzustellen. Deine Vermutung schmeichelt mir zwar, aber es gibt wohl genug Beispiele für zumindest formal sehr gebildete Menschen, die meinen gläubig zu sein und nicht links eingestellt sind. Erst gerade eben im Fernsehen hat die Spitzenkandidatin der AfD auf den hohen Akademikeranteil in ihrer Partei hingewiesen. Und auch der persönliche Glaube ist Sache der eigenen Überzeugung, der Sozialisation, der Erziehung - ich finde es alles andere als angebracht, dies mit irgendeinem wie auch immer definierten Bildungsgrad in Verbindung zu bringen.
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Statistisch gesehen ist es so, daß sogenannte "gebildete" Menschen auf- bzw abgestuft im Schnitt weniger religiös sind als "weniger gebildete", aber es ist eben auch nur feststellbare Tendenz. Ebenso feststellbar ist es allerdings, daß der Anteil der Menschen, die mit Esoterik oder Pseudowissenschaften sehr viel anfangen können, im sogenannten "Bildungsbürgertum" mit am größten, da wird dann oft aus Überlegenheitsgefühlen oder Selbstüberschätzung der Nonsens individualisiert...
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Ich weiß nicht, ob ihr die politischen Vorgänge in Österreich mitverfolgt, aber ich muss mir hier einfach einmal Luft machen und aufschreiben, was in meinem Land gerade passiert. Das alles ist nicht sehr neutral, aber sehr ehrlich gemeint.


1. Die Ausgangssituation

In Österreich gibt es folgende wichtige Parteien (mit den ehesten deutschen Äquivalenten, der Parteifarbe sowie den Ergebnissen der letzten Nationalrats-, das entspricht der Bundestagswahl, 2013):
  • SPÖ (Sozialdemokratische Partei Österreichs): SPD, hat aber keine so starke neoliberale Pervertierung durchgemacht wie diese unter Schröder oder Labour unter Blair; rot; 26,82 %
  • ÖVP (Österreichische Volkspartei): CDU/CSU; schwarz; 23,99 %
  • FPÖ (Freiheitliche Partei Österreichs): AfD, besteht aber schon viel länger; blau; 20,51 %
  • Die Grünen: Bündnis 90 / Die Grünen; grün; 12,42 %
  • Neos: FDP, aber erst ein paar Jahre alt und mehr eine wirklich gesellschaftsliberale als eine Lobbyistenpartei; pink; 4,96 %

Österreich wurde seit Kriegsende die meiste Zeit von einer großen Koalition aus SPÖ und ÖVP regiert, weshalb der Großteil der Bevölkerung diese Regierungsform mittlerweile gründlich satt hat. Trotzdem wurde auch nach der Nationalratswahl 2013 die rot-schwarze Koalition unter Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) fortgesetzt.


2.  Chronologie der Ereignisse

26.08.2014: ÖVP-Chef, Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger gibt seinen Rücktritt von allen Ämtern bekannt. (Weil die ÖVP von mächtigen Landesparteien und Interessenvertretungen dominiert wird, hat der Parteiobmann oft wenig Durchsetzungskraft, zudem wird ständig an seinem Sessel gesägt; in den letzten zehn Jahren gab es fünf ÖVP-Vorsitzende.) Sein Nachfolger als Parteichef und Vizekanzler wird Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Sogleich beginnt das Lieblingsspiel der österreichischen Boulevard-, Halbboulevard- und "Qualitäts"medien  (letztere haben etwa das Niveau besserer deutscher Regionalzeitungen): Neues Spitzenpersonal wird zu Beginn in realpolitisch unerreichbare Höhen gelobt, dann in unmerklichem Übergang kritisiert, weil es die überzogenen Erwartungen nicht erfüllt, und zum Schluss so lange in Grund und Boden geschrieben, bis es die Nerven verliert und zurücktritt. Phase 1 beginnt mit der Bezeichnung Mitterlehners als "Django", Phase 2 folgt bald darauf.

Spätsommer 2015: Die sogenannte Flüchtlingskrise "bricht aus". Aufgrund jahrzehntelanger Hetze von FPÖ und Boulevardzeitungen gegen Ausländer, insbesondere Muslime, entsteht erst gar keine Willkommenskultur, sondern es herrscht von Anfang an die fremdenfeindliche Haltung, die sich später auch in Deutschland durchsetzen wird. In Umfragen ist die FPÖ mit einigem Abstand stärkste Partei. Unter dem Druck des rechten Zeitgeistes rücken auch SPÖ und ÖVP nach rechts und fahren schon bald eine konservative Migrationspolitik.

24.02.2016: Bei der jährlich stattfindenden Westbalkan-Konferenz der in diesem Gebiet liegenden Länder wird - wohl auf Betreiben des Gastgeberlandes Österreich - die "Schließung der Balkanroute" beschlossen. In der Folge kommen weit weniger Flüchtlinge nach Europa. Österreichs Außenminister Sebastian Kurz (ÖVP) reklamiert den "Erfolg" für sich und wird später keine Gelegenheit auslassen, um darauf hinzuweisen, dass die Abschottung Europas sein "Verdienst" sei.

24.04.2016: Die Bundespräsidentenwahl - in Österreich wird das Staatsoberhaupt direkt gewählt - endet mit einem überraschend deutlichen Sieg mit 35,05 % der Stimmen für Norbert Hofer (FPÖ). Da der Bundespräsident von einer absoluten Mehrheit gewählt werden muss, wird eine Stichwahl angesetzt, in der Hofer gegen den Zweitplatzierten Alexander Van der Bellen (unabhängig, früher Grüne; 21,34 %) antreten soll. (Die drittmeisten Stimmen hat die ehemalige Richterin Irmgard Griss [unabhängig, später Neos] erhalten, die Kandidaten von SPÖ und ÖVP folgen erst auf den Plätzen 4 und 5.)

09.05.2016: Nach heftigen Protesten gegen ihn bei den traditionellen 1.-Mai-Feierlichkeiten der SPÖ tritt Parteichef und Bundeskanzler Werner Faymann - schon lange in Phase 3 - zurück. Sein Nachfolger wird Christian Kern, bis dahin Chef der Österreichischen Bundesbahn (ÖBB). Kern kündet umfassende, tatsächlich sozialdemokratische Reformen an ("Plan A"), von denen einige gegen den Widerstand der ÖVP beschlossen werden.

22.05.2016: In der Bundespräsidentenstichwahl setzt sich Alexander Van der Bellen knapp gegen Norbert Hofer durch (50,30 %). Die Anwälte der FPÖ erreichen, dass das Wahlergebnis wegen geringfügen Formfehlern aufgehoben wird. Die Bundespräsidentenstichwahlwiederholung soll am 2. Oktober stattfinden, doch weil Probleme bei der Herstellung der Briefwahlkuverts bekannt werden (der berühmte nicht haltende Klebstoff) kommt es zu einer Bundespräsidentenstichwahlwiederholungsverschiebung (das ist das österreichische Wort des Jahres 2016) auf den 4. Dezember. In dieser endgültigen Wahlrunde gewinnt Van der Bellen mit 53,80 %.

10.05.2017: Der mittlerweile in Phase 2 eingetretene Mitterlehner gibt seinen Rücktritt bekannt. Nachfolger wird der erst 30-jährige Sebastian Kurz, der schon lange als Hoffnungsträger der ÖVP gehandelt wird. Kurz krempelt die Parteistruktur um: Er entmachtet die Landespartei- und Bündechefs, gibt dem Amt des Parteivorsitzenden viel weitreichendere Befugnisse, ersetzt die bisherige Parteifarbe schwarz durch türkis und den Namen ÖVP durch "Liste Kurz - Die neue Volkspartei" (letzteres allerdings mit wenig Erfolg). Des weiteren kündigt er die Koalition mit der SPÖ auf, wodurch er vorgezogene Neuwahlen am 15. Oktober auslöst und mich um die Gelegenheit bringt, an der Wahl teilzunehmen (ich werde am 10. November 2017 16 Jahre alt und damit wahlberechtigt). Auf die Kandidatenliste für die Wahl setzt er hauptsächlich "Experten" aus verschiedenen Bereichen von Kultur und Wissenschaft, die zuvor keine Parteimitglieder waren. Anfangs durch vollständige Abwesenheit gekennzeichnet, entpuppt sich sein politisches Programm als Kopie der ausländerfeindlichen Rhetorik der FPÖ: Er verweist wie oben angekündigt bei jeder Gelegenheit auf die unter seiner Mitwirkung beschlossene Schließung der Balkanroute und macht für praktisch alle Probleme des Landes Migranten verantwortlich - der Politologe Peter Filzmaier sagt nach einer Fernsehdiskussion über ihn: "... er hat Glück, dass es heute nicht um Verkehrspolitik ging, weil da hätte er wahrscheinlich auch argumentiert, das verkehrspolitische Problem sind Burkaträgerinnen, die illegal in zweiter Spur vor den Islam-Kindergärten parken." Die Strategie geht auf: Die Umfragewerte der ÖVP schnellen in die Höhe und überholen die der FPÖ.

Juni/Juli 2017: Das Grünen-Urgestein Peter Pilz wird nicht auf den von ihm gewünschten vierten Listenplatz für die Nationalratswahl gewählt. Daraufhin tritt er aus der Partei aus und mit einer eigenen Liste, die stark an das Konzept der neuen ÖVP erinnert und trotz linken Selbstverständnisses mit Islamfeindlichkeit Stimmen zu gewinnen versucht, zur Wahl an. Die Grünen, destabilisiert durch die Abspaltung der Jugendorganisation und den Rücktritt der langjährigen Parteichefin Eva Glawischnig, geraten noch weiter in die Defensive, da Pilz beim Boulevard populär ist.

26.07.2017: Christian Kern verkündet einen Inseratenstopp der SPÖ für Boulevardzeitungen. Der kaum vorstellbare Einfluss dieser Zeitungen auf die öffentliche Meinung wurde schon mehrfach angedeutet; die größte unter ihnen, die "Kronen Zeitung", hat trotz Deppen Leer Zeichen eine Reichweite von über 30 Prozent (!!!). Die Ausrichtung der Zeitungen ist grundsätzlich rechtspopulistisch, kann aber an jede beliebige Partei oder Person angepasst werden, die zu ausreichenden finanziellen Gegenleistungen, etwa in Form von Inseraten, bereit ist. Kern will offenbar mit dieser jahrzentealten Praxis aufräumen; das hat zur Folge, dass die Boulevardzeitungen eine gewaltige Imagezerstörungskampagne gegen Kern beginnen, der aus einer relativ glimpflichen Phase 2 in eine besonders aggressive Phase 3 gerät, lautstark die Übernahme der SPÖ durch den parteirechten Verteidigungsminister Hans-Peter Doskozil fordern und Kurz noch mehr hofieren als ohnehin schon - letzteres ist auch bei den weniger niveaulosen Zeitungen zu beobachten. Der Wahlkampf der SPÖ wird fortan bei jeder Gelegenheit als "verpatzt" hingestellt, über Kurz fast nur positiv, über die FPÖ kaum mehr berichtet.

15.10.2017: Die vorgezogene Nationalratswahl bringt folgendes Ergebnis:
  • ÖVP: 31,47 % (+7,48)
  • SPÖ: 26,86 % (+0,04)
  • FPÖ: 25,97 % (+5,46)
  • Neos: 5,30 % (+0,34)
  • Liste Pilz: 4,41 % (neu)
  • Grüne: 3,80 % (-8,62)
Damit sind die Grünen nicht mehr im Nationalrat vertreten (die Einzugshürde liegt bei vier Prozent). ÖVP und FPÖ treten in Koalitionsverhandlungen, deren Organisation in zahlreichen im Grunde gegeneinander arbeitenden Gruppen frappierend an die Beschreibung der Parallelaktion im "Mann ohne Eigenschaften" erinnert, Christian Kern bleibt zur großen Enttäuschung des Boulevards SPÖ-Chef.

03./04.11.2017: Mehrere weniger niveaulose Zeitungen berichten von Vorwürfen gegen Peter Pilz, er habe Frauen sexuell belästigt. Pilz behauptet, sich an nichts erinnern zu können und Opfer einer Racheintrige der Grünen zu sein, verzichtet aber dennoch auf sein Nationalratsmandat, will etwas später doch ins Parlament, findet niemanden, der seinetwegen den eigenen Posten aufgeben will, und demontiert sein Ansehen und das der Partei nachhaltig.

09.11.2017: Die ÖVP als stimmenstärkste Partei nominiert die Kurz-Vertraute Elisabeth Köstinger als Präsidentin des neu zusammengesetzten Nationalrats. Obwohl es den starken Verdacht gibt, dass die ÖVP dieses formal zweithöchste Amt der Republik als Zwischenversorgung vor einem künftigen Ministerposten für Köstinger missbrauchen will, wird sie von einer vergleichsweise dünnen Mehrheit der Abgeordneten gewählt.

18.12.2017: Die Regierung Kurz wird von Bundespräsident Van der Bellen angelobt. Die ÖVP stellt neben dem Bundeskanzler die Minister für "Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz", Finanzen, "Nachhaltigkeit und Tourismus" (die Ministerin heißt Elisabeth Köstinger), "Bildung, Wissenschaft und Forschung", "Digitalisierung und Wirtschaftsstandort" und zwei Kanzleramtsminister. Auf der Seite der FPÖ wird Parteichef Heinz-Christian Strache Vizekanzler, Beamten- und Sportminister, die formal parteilose "Nahost-Expertin" Karin Kneissl Außenministerin, Parteistratege Herbert Kickl, der für Plakatreime à la "Daham [Daheim] statt Islam", "Pummerin [Glocke im Stephansdom] statt Muezzin" oder "Asylbetrüger haben zu gehen, Rot-Schwarz will das nicht verstehen" verantwortlich ist, Innenminister, eine gewisse Beate Hartinger-Klein Ministerin für "Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz", der steirische Landesparteichef Mario Kunasek Verteidigungsminister und der bereits bekannte Norbert Hofer Minister für "Verkehr, Innovation und Technologie". Wie man sieht, sind alle Sicherheits- und Geheimdienste in der Hand der FPÖ, die ursprünglich auch noch das Justizministerium hätte bekommen sollen, was Van der Bellen verhindern konnte.


3. Die Gegenwart

Die neue Regierung beginnt mit der Ankündigung und Ausführung erster Vorhaben.
  • Die alte Regierung hatte ein generelles Rauchverbot beschlossen, das ab Mai 2018 gelten sollte. Dieses Gesetz wird jetzt aufgehoben, da sich die FPÖ als Schutzmacht der Raucher versteht. Auch eine Online-Petition, die in wenigen Tagen über 300 000 Unterschriften sammelt (Österreich hat ca. 8 Millionen Einwohner), ändert daran nichts.
  • Verkehrsminister Hofer kann sich vorstellen, das Tempolimit auf Autobahnen von derzeit maximal 130 auf 140 zu erhöhen. Außerdem will er erreichen, dass Autofahrer bei einer roten Ampel es der österreichischen Politik nachtun und rechts abbiegen dürfen. Innenminister Kickl will Radarkontrollen einschränken.
  • Das restliche Regierungsprogramm wird hier zusammengefasst.
Gleichzeitig steht die Regierung unter Kritik, weil besonders die FPÖ seit vielen Jahren eine nicht abreißende Kette von Naziskandalen und -skandälchen produziert. Über das Regierungspersonal der Partei kann man sich hier informieren. Am 13. Januar findet in Wien eine Großdemonstration mit über 20 000 Teilnehmern gegen ihre Politik statt.
  • Innenminister Kickl spricht davon, Asylwerber künftig „konzentriert“ in Massenquartieren unterzubringen. Auf Nachfrage leugnet er jede Absicht hinter diesem Wort. Parteichef Strache verteidigt Kickl in einem Interview mit dem Argument, dieser habe „ausdrücklich nicht von Lagern gesprochen“.
  • Am 23. Januar wird bekannt, dass der FPÖ-Politiker Udo Landbauer, Spitzenkandidat für die kommende Landtagswahl im Bundesland Niederösterreich, stellvertretender Vorsitzender einer Burschenschaft ist, in deren Liederbuch sich NS-Liedgut findet. Innenminister Kickl erklärt, es werde keine Ermittlungen gegen Landbauer geben. Justizminister Moser (zur Erinnerung: ÖVP) leitet sie dennoch ein. Bundespräsident Van der Bellen fordert Landbauers Rücktritt, Landbauer schließt das aus und bekommt von der FPÖ von Strache abwärts Unterstützung. Beim traditionell von ihm besuchten rechtsextremen „Akademikerball“ spricht sich Strache dennoch gegen Antisemitismus aus – und erntet einen Shitstorm von seinen Fans.


4. Schluss

Das ist die gegenwärtige Situation: Wir haben eine Regierung, die ihre Verbindungen zur rechtsextremen Szene nicht loswerden will, die einen gesellschaftspolitischen Rückschritt auf allen Ebenen betreibt und die Sozialpolitik für Reiche macht, wovon sie ablenken will, indem sie Ausländer noch mehr benachteiligt als den „kleinen Mann“, der sie gewählt hat. Da kann ich nicht anders, als den Smiley zu verwenden, für dessen Einsatz ich schon einmal gerügt worden bin: Kotz Kotz Kotz Kotz Kotz
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Danke für den Beitrag.
Man verfolgt hier natürlich auch, was unser österreichischen Freunde und Nachbarn so treiben, aber so detailliert wie in deiner Zusammenfassung ist mir nicht alles in Erinnerung geblieben (ausgenommen das mit dem Leim für die Kuverts Frech ).
Ich habe eine langjährige, wirklich gute Freundin, die in Wien wohnt und ein sehr aufgeschlossener Mensch ist. Aber wir reden so gut wie nie über Politik und das wird wohl auch seine Freünde haben. Tja, ich kann für mich nur sagen, dass ich in diesem jetzigen Österreich nicht leben wöllte und nicht könnte - aus meiner inneren Überzeugung heraus.

Der Kurz ist ein faszinierender Politiker - und ein gefährlicher noch dazu. Kleine Männer aus Österreich mit zu viel Selbstvertrauen können bekanntermaßen großen Schaden anrichten, der über die Ösi-Grenzen hinaus geht.
*Comic-Analyst, Buchrezensent aus Leidenschaft, lebensfrohes Energiebündel, redegewandter Ordensträger (© by McDuck)
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Danke für diese ausführliche und gut geschriebene Zusammenfassung der österreichischen Politik. Hier in Deutschland bekommt man nur bei besonderen Ereignissen wie etwa Wahlen etwas über eure Politik mit. Ich muss zugeben, dass ich wie wohl die meisten Deutschen mehr über britische, französische und natürlich amerikanische Politik weiß, als über das Land, das uns sprachlich und geschichtlich eigentlich am nächsten liegen müsste. Durch deinen Beitrag, dem ich gern mehr als einen Orden geben würde, kann ich endlich mitreden. Ich werde sicher auch noch das ein oder andere mal darin etwas nachlesen.
Bitte halte uns auf dem Laufenden, wenn es neue Entwicklungen gibt.

Bei uns in Deutschland dagegen ärgere ich mich über die SPD, die tatsächlich eine neue GroKo zuzulassen droht. Ich hoffe noch auf die Mitglieder, die bei der Befragung nach Ende der Koalitionsverhandlungen gefragt werden. Dass die SPD-Spitze wirklich glaubt, mit einer Beteiligung an einer Großen Koalition, die im Gegensatz zur letzten Legislaturperiode kein einziges echtes SPD-Projekt hat, in den Umfragewerten besser zu werden, ist lachhaft. Der Schulz-Hype Anfang des letzten Jahres hat gezeigt, dass die Wähler nicht grundsätzlich die SPD ablehnen, aber eine Veränderung wollen. Eine solche hatten sie sich vom relativ unbekannten Schulz erhofft, was aber nicht eingetroffen ist. Da hätte auch Gabriel Spitzenkandidat sein können. Ich halte gar nichts davon, noch eine GroKo zu machen, besonders da alle beteiligten Politiker sehr unmotiviert wirken. Wenn man das mit den Jamaika-Verhandlungen vergleicht....

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Ein wirklich interessanter Beitrag, danke dafür, Primus!
Zitat:hat aber keine so starke neoliberale Pervertierung durchgemacht wie diese unter Schröder oder Labour unter Blair
Ha, endlich mal jemand, der das genauso sieht wie ich! Die meisten Leute, denen ich das unter die Nase halte meinen dann, dass Schröder doch mit der Agenda 2010 genug für die Wirtschaft und Arbeitnehmer gemacht hat. Dass das völlig an dem Punkt vorbeigeht und die Agenda 2010 eine neoliberale Ausbeutung unserer ordoliberalen Gesellschaft ist wird dabei meist aussen vor gelassen. Labour hat ja mit Jeremy Corbyn mittlerweile wieder einen wahren demokratischen Sozialisten an der Spitze.
Zitat:Bei uns in Deutschland dagegen ärgere ich mich über die SPD, die tatsächlich eine neue GroKo zuzulassen droht. Ich hoffe noch auf die Mitglieder, die bei der Befragung nach Ende der Koalitionsverhandlungen gefragt werden. Dass die SPD-Spitze wirklich glaubt, mit einer Beteiligung an einer Großen Koalition, die im Gegensatz zur letzten Legislaturperiode kein einziges echtes SPD-Projekt hat, in den Umfragewerten besser zu werden, ist lachhaft.
Verstehe ich nicht so ganz. Es gibt doch noch einige Punkte, die die SPD noch in ihrer Hintertasche bereithält, z. B. die Bürgerversicherung, ein vereinteres Europa, Anhebung des Spitzensteuersatzes (der übrigens lange hinfällig ist). Das da noch einige Sachen fehlen, die die JuSos gerne hätten ist klar, aber man muss nun mal Kompromisse machen. Wenn also zum Beispiel die Bürgerversicherung gelingen wird, werden die Wahlergebnisse schon höher sein, da dann wieder eher linksgerichtete sich der SPD zuwenden.
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Ich bezog mich auf das Sondierungspapier, das wirklich ziemlich SPD-arm ist. Bürgerversicherung werden sie nicht durchsetzen können, zumal die Union eigentlich keine großen Veränderungen zu den Sondierungsergebnissen mehr will.

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Mir ist eine konservative Mitte-links-Regierung lieber als eine Minderheitsregierung der CDU. Vielleicht wird ja in vier Jahren die Bürgerversicherung auf dem Tisch wie letztes Jahr die Homo-Ehe (was natürlich sehr unwahrscheinlich ist, aber dennoch eine Möglichkeit).
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Nachtrag zur Liederbuchaffäre: Udo Landbauer ist jetzt doch zurückgetreten.
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Noch ein Nachtrag: Eine Auflistung aller "Einzelfälle" (sprichwörtliche Bezeichnung für die andauernden Nazi-Skandälchen; ich glaube, es kommt daher, dass ein FPÖ-Politiker seine Partei einmal mit der ungefähren Aussage "Das sind doch alles Einzelfälle" verteidigt hat, konnte aber keine Bestätigung finden), die sich nicht nur, aber vor allem die FPÖ seit der Wahl geleistet hat.
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Gerade gelesen: Der erste Artikel des Spiegels über Donald Trump 1987: http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13525900.html

"Seinen Trump Tower an der Fifth Avenue in New York nennt er das "erfolgreichste Gebäude des Universums", den New Yorker Bürgermeister Ed Koch hält er für einen "Idioten", und Präsident der Vereinigten Staaten will er nicht werden, weil er schon jetzt zu viel zu tun hat."

Witziges Zitat, wie ich finde. Wenn man damals gewusst hätte...

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Es wundert mich ein bisschen, dass hier noch nicht über Chemnitz und die Vorfäller der letzten Tage dort geschrieben wurde. Es ist ja wirklich schrecklich, dass auf einem Fest, auf dem man eigentlich zur Belustigung da ist einfach ein Mensch umgebracht wurde! Ebenso schrecklich, dass Rechtsextreme das jetzt als Anlass nehmen auf die Straße zu gehen, den Hitlergruß zu zeigen und Migranten zu verfolgen. Das kann man doch kaum mehr als Trauerveranstaltung sehen!
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Die größte Gefahr für unsere FDGO ist (nicht nur in meinen Augen) der Umstand, der Tod dieses Menschen könnte von allen rechten Gruppierungen instrumentalisiert werden und als verbindendes Element fungieren, das sie verschiedensten Gruppen zusammenbringt und damit stärkt.
*Comic-Analyst, Buchrezensent aus Leidenschaft, lebensfrohes Energiebündel, redegewandter Ordensträger (© by McDuck)
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Ich habe vorhin den Wahl-O-Mat zur Europawahl 2019 ausgefüllt und habe mich dazu entschlossen, euch die einzelnen Ergebnisse mitzuteilen. Die großen Parteien und die FDP habe ich fett und in ihrer Farbe markiert.

1. Bündnis 90/Die Grünen: 91,8 %
1. Demokratie in Europa - DiEM25: 91,8 %
2. Ökologische Linke (ÖkoLinX): 90,8 %
3. Feministische Partei DIE FRAUEN: 89,8 %
4. Die Linke: 88,8 %
4. Partei für Arbeit, Rechtsstaat, Tierschutz, Elitenförderung und basisdemokratische Initiative (Die PARTEI): 88,8 %
5. Bündnis Grundeinkommen - Die Grundeinkommenspartei (BGE): 87,8 %
6. Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD): 86,7 %
7. PARTEI MENSCH UMWELT TIERSCHUTZ: 85,7 %
8. Piratenpartei Deutschland: 84,7 %
9. Volt Deutschland: 83,7 %
10. Allianz für Menschenrechte, Tier- und Naturschutz: 82,7 %
10. Neue Liberale - Die Sozialliberalen (NL): 82,7 %
10. Marxistisch-Leninistische Partei Deutschlands (MLPD): 82,7 %
11. Die Violetten: 80,6 %
12. Bündnis für Innovation & Gerechtigkeit (BIG): 78,6 %
12. Demokratie DIREKT!: 78,6 %
13. Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP): 77,6 %
13. Menschliche Welt - für das Wohl und Glücklichsein aller: 77,6 %
14. Sozialistische Gleichheitspartei, Vierte Internationale (SGP): 74,5 %
15. Europäische Partei LIEBE: 72,4 %
16. Deutsche Kommunistische Partei (DKP): 71,4 %
17. Partei der Humanisten: 65,3 %
18. PARTEI FÜR DIE TIERE DEUTSCHLAND: 64,3 %
18. Familien-Partei Deutschlands: 64,3 %
19. Die Grauen - Für alle Generationen: 62,2%
20. Graue Panther: 57,1 %
21. LKR - Bernd Lucke und die Liberal-Konservativen Reformer: 55,1 %
22. Partei für Gesundheitsforschung: 52 %
23. Freie Wähler: 49 %
24. Freie Demokratische Partei (FDP): 48 %
25. Christlich Demokratische Union Deutschlands / Christlich-Soziale Union in Bayern e.V. (CDU / CSU): 45,9 %
26. Bayernpartei (BP): 38,8 %
27. Bündnis C - Christen für Deutschland: 37,8 %
28. DER DRITTE WEG: 35,7 %
29. Ab jetzt...Demokratie durch Volksabstimmung - Politik für die Menschen: 31,6 %
30. Aktion Partei für Tierschutz - DAS ORIGINAL: 29,6 %
31. DIE RECHTE - Partei für Volksabstimmung, Souveränität und Heimatschutz: 26,5 %
32. Nationaldemokratische Partei Deutschlands (NPD): 22,4 %
33. Alternative für Deutschland (AfD): 12,2 %

(03.09.2010, 12:31)Derschwaflkop [gelöschter Beitrag] schrieb: Islamkritik ist kein Rassismus.

Das Thema finde ich allerdings auch ziemlich interessant. Die Europäische Kommission gegen Rassismus und Intoleranz definiert Rassismus als "die Überzeugung, dass ein Beweggrund wie Rasse, Hautfarbe, Sprache, Religion, Staatsangehörigkeit oder nationale oder ethnische Herkunft die Missachtung einer Person oder Personengruppe oder das Gefühl der Überlegenheit gegenüber einer Person oder Personengruppe rechtfertigt".
Man ist dieser Definition nach also auch Rassist, wenn man jemanden, der einer bestimmten Religion angehört, eben wegen dieser Religion missachtet. Und eigentlich finde ich das auch richtig, zum Beispiel Antisemitismus oder Islamophobie resultiert in den meisten Fällen aus Vorurteilen.
Was ist aber, wenn die Religion, wegen der man jemanden missachtet, allerdings auch diskriminierende Werte vermittelt oder fundamentalistisch ist? Religion ist nichts Angeborenes - wie eben zum Beispiel Rasse, Hautfarbe oder nationale oder ethnische Herkuft. Religionen lassen sich meiner Meinung nach, was den Aspekt betrifft, besser mit politischen Einstellungen vergleichen: Eine Religion vermittelt bestimmte Werte. Wenn diese mit meinen Werten übereinstimmen, kann ich Anhängerïn dieser Religion werden - exakt wie bei politische Ideologien. Und Anhänger bestimmter Ideologien missachte ich, beispielsweise Nazis.

Was das Thema betrifft, habe ich mir noch keine finale Meinung gebildet. Ich fänd es allerdings höchstinteressant, was die anderen Fieselschweiflinge zu dem Thema zu sagen hätten! :ↄ)
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Ich stimme dir vollkommen zu. Hautfarbe und co. sind völlig irrelevant und haben keinen tatsächlichen Inhalt. Auf welcher Grundlage außer einem völlig unbegründbaren, inhaltslosen Eindruck wie „Ich finde Farbe X schöner als Farbe Y“ soll man Farben bewerten? Und selbst wenn man es könnte, hat sich das die jeweilige Person, wie schon von dir angemerkt, nicht ausgesucht. Politische Einstellungen und Religionen, also Ideologien, haben dagegen tatsächlichen Inhalt und können also durchaus bewertet werden.

Antisemitismus bezieht sich übrigens nicht auf die jüdische Religion, sondern auf die jüdische Ethnie. Ethnien fallen in dieselbe Kategorie wie Hautfarbe und co. Auf die jüdische Religion bezogen nennt man es Antijudaismus, wobei dieses Wort eigentlich nur auf Christen bezogen verwendet wird.
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