Ich habe mir vorgenommen, mehr zu realen Bänden zu schreiben, statt virtuelle zu erstellen. Den Anfang macht die
Entenhausen-Edition 38. Sie ist meine sechste Ausgabe der Reihe; nachdem ich anfangs gewisse Schwierigkeiten hatte, mich an das Konzept der Barks-Tenpager zu gewöhnen, gefallen sie mir mittlerweile ausnehmend gut. Die Nr. 38 ist die erste Entenhausen-Edition, die die neuen Created-Angaben enthält. Das ist recht interessant, denn daraus wird ersichtlich, dass Entstehungs- und Veröffentlichungsdatum der Tenpager ca. ein halbes Jahr auseinanderlagen.
Der brave Feuerwehrmann eröffnet den Band, es handelt sich wenig überraschend um Donald, der mal wieder einen neuen Beruf hat; ein "Meister seines Fachs" ist er diesmal aber eher nicht. Wie Donald zur Feuerwehr gekommen ist, wird nicht erklärt; die Geschichte beginnt einfach mit einem seiner Einsätze. Mag er auch ein braver Feuerwehrmann sein, er hat es nicht leicht: Er muss bis zum Umfallen arbeiten, wird ständig und zu allen Tageszeiten zu Einsätzen gerufen und gerät deshalb in Konflikt mit Daisy. Eigentlich will sie Donald nämlich Tanzunterricht geben, doch jedes Mal ertönt nach kurzer Zeit die Feuersirene und er muss zum Einsatz; unerfreulicherweise steht Gustav in solchen Fällen stets schon bereit. Dies wird verdeutlicht, indem dreimal das exakt gleiche Panel gezeigt wird: Donald rast aus dem Haus und springt dabei über Gustav, der sich vorsorglich gebückt hat. Doch auch sonst ist Donald als braver Feuerwehrmann besonders vom Pech verfolgt. Als er etwa das Dach einer Schuhfabrik vor Flugfunken schützen soll, nutzt Barks das zu einer Slapstick-Szene: Einer der Funken trifft Donald am Bürzel, woraufhin er in die Luft springt, das Dachfenster durchbricht und die Regale der Fabrik hinunterfällt, wobei er der Reihe nach in immer größere Schuhe rutscht, bis er schließlich in Riesenstiefeln landet, die ungefähr so groß sind wie er selbst und abgeschnitten werden müssen.
Einzig Tick, Trick und Track sind stolz auf ihren Onkel und versuchen, Daisy seine Heldenhaftigkeit vor Augen zu führen. Doch leider geht das schief, obwohl es durchaus Gelegenheiten gegeben hätte. Die Geschichte endet damit, dass Donald, unversöhnt mit Daisy, mit seltsam leerem Gesichtsausdruck zu einem Einsatz fährt und dabei von seinen Neffen beobachtet wird, die immer noch an ihn glauben: "Es gibt ja Leute, die das nicht einsehen wollen. Aber Entenhausen läge längst in Schutt und Asche, wenn es nicht Feuerwehrmänner wie unsern Onkel Donald gäbe." Das hat, wenn man die Vorgeschichte kennt, in Kombination mit Donalds Gesichtsausdruck etwas unsagbar Trauriges. So hat "Der brave Feuerwehrmann" wie eigentlich das ganze Barks-Universum auch eine unerwartet ernste, tragische Komponente, die angedeutet, aber nicht ausgesprochen wird.
Insgesamt ist die Geschichte also gelungen; vor allem die sehr atmosphärischen Zeichnungen überzeugen. Zwar wirkt der Handlungsaufbau im Vergleich zu anderen Geschichten vielleicht etwas chaotisch, doch das tut dem guten Gesamteindruck keinen Abbruch.
Die schwimmende Insel schwimmt am Tiefpunkt des Bandes - aber auch nur im Vergleich zu den anderen Geschichten, natürlich ist auch sie ausgezeichnet. Die Handlung: Im Fernsehen wird eine Direktübertragung von einem Satelliten angekündigt, es wird also die Erde vom Weltraum aus zu sehen sein. Trotz großen Widerstands schleift Donald auch Onkel Dagobert anlässlich dessen vor den Fernseher. Dagobert ist äußerst unzufrieden, doch das ändert sich rasch, als er auf dem Bildschirm eine Insel entdeckt, die er nicht kennt - denn laut eigener Aussage kennt er die gezeigte ozeanische Inselwelt in- und auswendig, hat er doch vor sechzig Jahren dort mit Kopra gehandelt. (Wenn wir davon ausgehen, dass die Geschichte zum Zeitpunkt ihrer Entstehung, 1958, spielt - auch dafür sind die Created-Angaben nützlich -, war das 1898, also zu einer Zeit, als Dagobert sich laut Don Rosa in Klondike abrackerte. War das einer der Barks'schen Fakten, die Rosa bei SLSM ignorieren musste, weil sie sich nicht ins Gesamtbild fügen wollten, oder hat Fuchs hier den Originaltext verändert, oder trifft gar beides zu?) Sofort fliegt Dagobert mit Donald und den Neffen dorthin, um die Insel als Erster zu betreten und sie damit in Besitz zu nehmen. Doch bald stellt sich heraus, dass mit der Insel etwas nicht stimmt.
Die Geschehnisse wären rätselhaft, spannend und geheimnisvoll, wenn - ja, wenn nicht der in diesem Fall reichlich bescheuerte Titel der Geschichte alles verraten würde. Im Original ist er übrigens auch nicht besser: "Die schwimmende Insel" ist eine wörtliche Übersetzung von "The Floating Island". Ich meine gelesen zu haben, dass Barks selbst seinen Zehnseitern keinen Titel gegeben hat. Wer immer es stattdessen getan hat, hat sich wirklich etwas geleistet. Da das Spannungsmoment so effektiv gekillt wurde, macht die Geschichte insgesamt einen belanglosen Eindruck. Von allen Geschichten des Bandes ist "Die schwimmende Insel" am schnellsten vergessen.
Ganz anders
Das große Suchen. Hier ruiniert kein ungünstig gewählter Titel die Spannung, die sich daher ungestört entfalten und einen in die perfekt aufgebaute Geschichte ziehen kann. Darin setzt das Fähnlein Fieselschweif einen Preis für denjenigen aus, der es schafft, sich im Wald zu verstecken und bis Sonnenuntergang von den Fieselschweiflingen nicht gefunden zu werden. Als Tick, Trick und Track Donald davon erzählen, nimmt der die Herausforderung sofort an. Und er macht es dem Fähnlein nicht leicht...
Wie gesagt ist die Geschichte ausgesprochen spannend, viel spannender, als man das sonst von Barks' Zehnseitern kennt, denn bis zur letzten Seite bleibt unklar, ob Donald gefunden werden kann oder nicht. Hier hat übrigens auch Spurobold seinen zweiten Auftritt, wenn er auch weitaus nicht so groß und tragend ist wie in "Der Frühjahrsputz". Nicht nur sein Name hat sich geändert (von "General Sniff" zu "Argus" - Frau Fuchs, also bitte!), sondern auch sein Charakter ist leicht anders: War er in "Der Frühjahrsputz" noch quasi unfehlbar, so zeigt er hier immerhin eine Allergie gegen Katzenhaare, die seinen Geruchssinn außer Gefecht setzt. Auszusetzen gibt es an der Geschichte nicht wirklich etwas; sie ist, wie bereits erwähnt, ausgezeichnet aufgebaut und auch der Schluss ist gelungen, auch wenn
Sicherheit für unsere Kinder! ist das Motto der Entenhausener Elternvereinigung, der auch Donald angehört - offensichtlich ist "Eltern" mehr im Sinne von "Erziehungsberechtigte" zu verstehen. Als Donald mit seinen Neffen per Schiff zu einer Reise nach Südamerika aufbricht (für Onkel Dagobert natürlich), steht auch prompt die komplette Vereinigung am Kai und ermahnt ihn, die Kinder von Sicherheitsrisiken fernzuhalten. Doch wie der erfahrene Leser schon geahnt hat: Das einzige Sicherheitsrisiko für Tick, Trick und Track ist Donald selbst...
Die Geschichte kommt sehr schnell zur Sache: Schon nach wenigen Seiten ist das von Donald angerichtete Schlamassel perfekt. Die Neffen könnten sich zwar relativ mühelos daraus retten, aber Donald zeigt sich als Genie darin, die Situation immer weiter zu verschlimmern, sodass sie kaum mit dem Entschärfen derselben nachkommen. Dennoch schaffen sie es und alles geht gut aus, interessanterweise besonders für Donald: Kommt er sonst oft schlecht weg, wird er diesmal unverdienterweise als der große Retter gefeiert. Ebenfalls bemerkenswert: Wohl um die Gefährlichkeit der Situation zu unterstreichen, bricht Barks in der oberen Hälfte der dritten Seite (Seite 37 in diesem Band) das klassische Vierreiher-Schema zugunsten von äußerst unregelmäßigen Panelrändern auf. Insgesamt überzeugt die Geschichte, auch wenn sie nicht ganz so stark ist wie die vorhergegangene.
Seid nett zueinander, ermahnt Barks seine Leser in der letzten Geschichte. Der Titel deutet bereits auf den hohen Moralingehalt der Geschichte hin, der diese aber keineswegs ungenießbar macht. Donald wirft Laub in seines Nachbarn Garten ("Ihr wißt doch, er ist aus Bayern. Und ich hör' ihn so gern auf Bayrisch schimpfen"). Daraufhin wird er von seinen Neffen ermahnt, doch sie finden erst Gehör, als der Nachbar (übrigens der normale Zorngiebel, auch wenn Fuchs aus ihm einen Bayern namens Rupp macht) sich gründlich rächt. Von nun an versucht Donald, gute Taten zu begehen, doch alles geht schief. Als Leser bekommt man den Eindruck, dass es an seiner Voreiligkeit liegt, die ihn dazu veranlasst, sofort vermeintliche Hilfe zu leisten, ohne die Situation erfasst zu haben. Laut Tick, Trick und Track hat er aber deshalb kein Glück, weil er bei seinen Taten stets nur an etwaigen Lohn dafür denkt. Erst wenn er begreift, dass gute Taten ihren Lohn in sich tragen, so die Neffen, wird er sie vollbringen können.
Die Geschichte ist klar zweigeteilt: Im ersten Teil passiert das bisher Beschriebene, im zweiten - knapp mehr als die Hälfte der Geschichte - macht Donald, obwohl er es eigentlich schon aufgegeben hat, auf das Drängen der Neffen noch einen letzten Versuch einer guten Tat: Dem Pilot eines Flugzeugs zur Ungezieferbekämpfung wird vom Insektengift übel, weshalb er neben Familie Duck notlandet und sofort ohnmächtig wird. Dummerweise konnte er die Zerstäuberdüsen nicht mehr abstellen, weshalb jetzt "das ganze Insektenpulver für nichts und wieder nichts verpulvert" wird. Donald versucht, das zu erledigen, doch wie man schon ahnen konnte, erwischt er den Starter, und das vermeintliche Unheil nimmt seinen Lauf. Scheinbar rutschen Donald und die Neffen wie in der vorigen Geschichte von einer Katastrophe in die nächste, doch es kommt anders, als man denkt. Nur so viel sei gesagt: Der Schluss der Geschichte ist wirklich schön, und bei all den Zehnseitern, die ungerecht ausgehen und in denen Donald am Ende der totale Verlierer ist, braucht man einfach auch solche, die schlicht schön sind und auch eine klare moralische Botschaft haben. Für mich das Highlight des Bandes.
Abschließend kann ich sagen, dass mir der Band gut gefallen hat. Die Geschichten waren - "Die schwimmende Insel" vielleicht ausgenommen - durchgehend top, und zweimal habe ich tatsächlich lachen müssen, was mir bei Comics so gut wie nie passiert, insbesondere nicht bei einer Publikation, die die Lustigkeit im Titel trägt - meistens aber auch nur dort. Ich werde die Geschichten nicht nach einem Punktesystem bewerten - das wird meiner Meinung nach den Comics nicht gerecht -, aber ich kann sie wie in den offiziellen F.I.E.S.E.L.S.C.H.W.E.I.F.-LTB-Rezensionen reihen:
- Seid nett zueinander
- Das große Suchen
- Der brave Feuerwehrmann
- Sicherheit für unsere Kinder!
- Die schwimmende Insel