Ganz ehrlich: Ich kann immer wieder nur mit dem Kopf schütteln, dass es solche Diskussionen überhaupt gibt. Es gibt keine "unterschiedlichen Arten von Übersetzungen". Es gibt Übersetzen und dann gibt es das, was Leute wie Fuchs gemacht haben, nämlich Neutexten. Das ist *kein* Übersetzen. Das ist sich selbst einen Text ausdenken, hat aber mit Übersetzen nicht mehr viel bis gar nichts zu tun. Ebenfalls erstaunlich finde ich, dass das bei Disney-Comics so viele Leute okay oder sogar supertoll finden. Ich kann mich diesbezüglich nur jedes Mal wiederholen: Wenn es um Romane ginge, käme auch keiner auf die Idee, Texte zu fordern, die möglichst "frei" und "nach eigenem Gutdünken" angefertigt sind. Ich will schließlich den Roman des Autors lesen, nicht eine lustige Neuerzählung des Übersetzers. Warum gibt's wohl von Sachen wie Dracula, Tolkien, James Bond etc. Neuübersetzungen? Und bei z. B. "Harry Potter" hätte auch keiner den Gedanken, dass sich da ein "Übersetzer" kreativ austoben soll.
Von daher verstehe ich solche Diskussionen nicht. Wer nach "lustig freien Übersetzungen" schreit, wertet nicht nur die Arbeit des Autoren ab, sondern auch Comics als Medium an sich, da dies impliziert, dass es sich um solch minderwertige Literatur/Kunst handelt, dass es erst ein "toller deutscher Texter" geradebiegen muss.
Hätte Fuchs nicht mit dieser Unsitte angefangen, gäbe es solche Diskussionen gar nicht. Und das immer vorgebrachte Totschlagargument, dass Comics in Deutschland erst durch Fuchs überhaupt erfolgreich werden konnten, kann mir auch keiner erzählen. In den europäischen Ländern gab es keine "lustigen" Fuchs-Stil-Übersetzungen und dort sind die Comics trotzdem auch heute noch extrem erfolgreich, oftmals sogar noch mehr als in Deutschland.
PS: Es geht mir nicht darum, dass Wortspiele o. Ä. angepasst werden müssen. Ein guter Übersetzer sucht da aber nach einer passenden Übertragung und schreibt nicht einfach auf eigene Faust was komplett Neues. Beispiel "Jagd nach der Goldmühle" von Don Rosa: Die ganzen Texte basieren auf dem Kalevala-Versmaß, einem trochäischen Tetrameter. Das wird auch im Originaltext ganz klar. Die alte Übersetzung hielt sich zum einen oftmals weder an das Versmaß mit der zwingend vorgegebenen Silbenzahl (acht pro Zeile) noch an den Originaltext. Da stand dann fast immer was, das rein gar nichts mit dem Originaltext zu tun hatte und auch nichts mit dem Versmaß, welches der ganze Gag an der Sache ist. So was ist nicht schwer, sondern einfach ein bequemer Ausweg. Die Kunst ist, so was so zu übertragen, dass es einerseits das Original wiedergibt und sich zum anderen dabei dann auch noch an die verpflichtend vorgegebene Form hält.
Oder auch bei "Der letzte Schlitten nach Dawson": Statt das Gedicht von Robert W. Service zu übertragen, was recht kompliziert ist, ging man einfach den bequemen Weg und machte einen Schwachsinnstext über "wo der Leitwolf heult und die Eule eult" von "Freddy Flenn" draus. Was soll so was bitte? Und da kann mir doch keiner erzählen, dass er das wirklich toll findet und einer deutschen Fassung des tatsächlichen Gedichts des Yukon-Dichters Robert W. Service vorzieht, das die Stimmung Dagoberts viel treffender wiedergibt.
Hier mal zum Vergleich die verschiedenen Fassungen:
Original (Teil des Gedichts "The Spell of the Yukon" von Robert W. Service):
There's gold and it's haunting and haunting,
it's luring me on as of old!
Yet it isn't the gold that I'm wanting
so much as just finding the gold!
It's the great, big, broad land 'way up yonder!
It's the forests where silence has lease!
It's the beauty that thrills me with wonder!
It's the stillness that fills me with peace!
Alter deutscher Text (Nonsens von "Freddy Flenn"):
Wo der Blizzard pfeift,
wo die Flechte reift,
wo der Polarfuchs bellt,
wo der Neuschnee fällt,
da ist meine Heimat,
da bin ich zu Haus.
Wo der Leitwolf heult,
wo die Eule eult,
wo der Digger flucht,
weil nach Gold er sucht,
da ist meine Heimat,
da bin ich zu Haus.
Finale autorisierte Übersetzung (seit blauem SLsM-Band):
Gold liegt dort und es ruft mich und ruft,
schon immer, von alter Zeit her;
Doch nicht das Gold selbst ist, was ich begehr,
das Finden lieb ich viel mehr!
Das große, weite Land da oben;
Die Wälder, von Stille umhüllt!
Die Schönheit hat mein Herz gehoben,
der Friede mein Leben erfüllt!
Und jetzt sag mir noch mal wer, dass es anspruchsvoller/künstlerisch wertvoller oder was auch immer ist, so was wie den "Freddy Flenn"-Text runterzuschreiben.
("eulende Eulen" ist, glaub ich, der mit Abstand schlimmst-bescheuertste Ausdruck, den ich je in einem Comic lesen musste ...)