@ Mile
Ich verstehe ebenfalls nicht warum man nicht einfach den italienischen Titel übernommen hat. Alle anderen Ländern, in denen die Storie bisher veröffentlich wurde, haben es ja so gehandhabt - nur Deutschland bildet eine unrühmliche Ausnahme.
Seit ein paar Jahren habe ich mir zum ersten Mal wieder eine aktuelle Ausgabe des Lustigen Taschenbuchs zugelegt. Aufgrund des 50-seitigen Cavazzanos und vor allem der „Dracula“ Parodie konnte ich nicht wiederstehen. Und allein schon wegen letzterem Comic hat sich der Kauf absolut gelohnt.
Aber der Reihe nach.
„Einsatz in Brutopia“ hat mir nicht sonderlich zugesagt. Es fehlt atmosphärische Dichte oder Spannung. Wirklich amüsant fand ich die Geschichte ebenfalls nicht. Lediglich die Figur des brutopischen Diktators sorgt für einige nette Szenen. Inwiefern die Handlung abgekupfert ist kann ich nicht sagen, ich kenne die beiden Vorgänger nicht, aber auch für sich allein stehend überzeugt sie nicht.
Anderses Zeichnungen wollen mir einfach nicht zusagen. Weder den Hintergründen noch den Figuren kann ich etwas abgewinnen.
Der darauf folgende Einseiter ist reichlich unspektakulär, viel zu sagen gibt es darüber nicht.
Ganz anders verhält es sich mit der Dracula Parodie. Bruno Enna gelingt es ausgezeichnet Atmosphäre zu erzeugen und von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln. Die Geschichte ist vor allem zu Beginn recht ernst, später folgen etwas mehr (aber nicht zu viele) humoristische Elemente. Das Problem, dass in Disney Comics naturgemäß kein Blut gezeigt werden kann wird meiner Meinung nach stimmig und amüsant gelöst ohne zu sehr ins Alberne abzurutschen. Erzählt wird die Geschichte wie das Original anhand von Tagebucheinträgen; das funktioniert sehr gut, vom Anfang bis zum (äußerst gelungenen) Finale wird der Spannungsbogen aufrecht erhalten.
Unterstützt wird die Storie von den fantastischen Zeichnungen und einer tollen Kolorierung Fabio Celonis. Sehr dynamisch aber auch mit viel Liebe zum Detail, mit gelungenen, ungewöhnlichen Perspektiven trägt er einen wesentlichen Teil zum Gelingen der Geschichte bei. Beim Abdruck im recht kleinen LTB geht leider einiges von der Wirkung der Zeichnungen verloren. Ein Abdruck im Heftformat wäre wünschenswert, ist aber wohl kaum realistisch.
Mit „Maskierte Kontrahenten“ folgt eine Phantomias Geschichte, die sich durch eine ungewöhnlichen Handlung von durchschnittlichen Phantomias Geschichten abheben kann. Phantomias kämpft hier nicht gegen einen Bösewicht sondern wetteifert mit Sergei Schlamassi um die Gunst der Entenhausener und die der Rolle als beliebtester Superheld. Das sorgt für viele witzige Szenen, verpackt in eine schlüssige Storie.
„Der perfekte Butler“ macht aus der gar nicht mal so schlechten Grundidee kaum etwas; die Handlung ist langweilig und vorhersehbar. Immerhin sind Gottardos Zeichnungen gelungen.
Mit „Die Geister von Gold City“ folgt meine zweitliebste Geschichte des Bandes. Das Szenario mit ungewöhnlichen, charakterlich interessanten Geistern, einem Kino in dem „Billy the Kid“ in der Endlosschleife läuft und einem ungelösten Rätsel, dass man förmlich in der Luft spürt und auf dessen Auflösung man gespannt wartet, unterscheidet sich sehr angenehm von üblichen Stories. Die Auflösung kommt zwar ein wenig abrupt und ist etwas vorhersehbar, führt die Handlung aber doch stimmig zu Ende.
Freccero gelingt es sehr gut den Geistern Charakter zu verleihen; im allgemeinen gefallen mir die Zeichnungen sehr, genauso wie die Kolorierung. Ein letzter Pluspunkt der Geschichte sind die gelungenen Dialoge mit viel Wortwitz.
Mit der Schluspointe (drittletzte Seite) kann ich aber kaum etwas anfangen und auch der darauf folgende Art Epilog gefällt mir nicht. Schade!
Wenn man das Ende noch nicht kennt, besser nicht öffnen:
"Süßes oder Saures“ kann man getrost vergessen. Primus von Quack versucht ein Monster, von dem er in einem alten Buch zuvor gelesen hat und das nun tatsächlich an seiner Tür klingelt zu beschreiben. Das Monster flieht und zieht eine Verwüstungsspur hinter sich. Primus versucht dem Monster zu folgen. Mehr passiert nicht.
Das Monster ist albern und komplett charakterlos; Primus Jagd ist vorhersehbar und keineswegs lustig, der Schlussgag fügt sich qualitativ nahtlos ein.
Nun zur letzten Geschichte, die vom drohenden Weltuntergang handelt. Die Auswirkungen der Maya Prophezeiungen auf die Menschen, werden herrlich überspitzt und mit viel Witz dargestellt. Gleiches gilt für Dagoberts Geldgier. Cavazzanos Zeichnungen, besonders die Szenen vom Kanal K, dem Katastrophenkanal, unterstützen optimal die satirischen Elementen.
Allerdings werden auch ernstere Töne angeschlagen. Die hier vorzufindene Interpretation des Weltuntergangs ist interessant und die Moral, die Wichtigkeit des Schutzes der Erde, wird dem Leser nicht zu arg aufgedrückt.
Bei der Reise nach Yucatán vermisste ich allerdings Atmosphäre und Spannung und leider liest sich die Geschichte nicht komplett flüssig; die Auflösung überrümpelt ein wenig und ist nicht wirklich was neues. Schade, denn mit besser ausgearbeiteter Handlung hätte das ein richtig gute Storie werden können; Cavazzanos Zeichnungen hätten ohne jeglichen Zweifel das Zeug dazu.
Insgesamt ein LTB das meine Erwartungen zwar nicht übertroffen aber doch erfüllt hat.
Meine persönliche Rangliste:
1.Graf Phantula
2.Die Geister von Gold City
3.Das Orakel der Mayas
4.Maskierte Kontrahenten
5.Der perfekte Butler
6.Sorglose Helfer
7.Einsatz in Brutopia
8.Süßes oder Saures
Nach den ersten vier Plätzen sehe ich ganz klar einen qualitativen Schnitt.